Zukünftig wieder mehr Kondome aus US-Hilfsquellen?

Einen großen Erfolg können diverse amerikanische Hilfsorganisationen jetzt verzeichnen – letzte Woche hat das oberste US-Gericht entschieden, dass die Regierung den NROs nicht ihre Klappe verbieten darf. Geschützt durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sei auch – beispielsweise – die Forderung nach Legalisierung von Prostitution:

Der Supreme Court stellte nun klar, dass die Regierung zwar nicht gezwungen sei, einer Organisation Gelder anzubieten, und durchaus Richtlinien zur Verwendungen von Geldern aufstellen dürfe. Diese Richtlinien dürften aber nicht das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Meinungsfreiheit einschränken, indem sie die Empfänger zur Übernahme einer Regierungsmeinung verpflichten.

… meldete die Deutsche AIDS-Hilfe letzten Freitag. Denn:

Die Bestimmungen wurden häufig so ausgelegt, dass auch die Verteilung von Kondomen oder andere Präventions- und Beratungsangebote für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter ausgeschlossen waren – wie die öffentliche Unterstützung für ihren Kampf um Menschenrechte und gesellschaftliche Anerkennung.

Es steht also zu hoffen, dass sich die Lage in dieser Beziehung nun wieder ein wenig entspannen kann.

Product Placement – geht auch für Kondome

glyde_strawberryBei uns im Fernsehen sieht man ja Kondome (wenn überhaupt) fast nur als nicht wiedererkennbare Siegelfolien; selten, dass man eine Schachtel voll ins Bild kommt (bei deutschen Produktionen eigentlich nie). Das ist natürlich der panischen Angst der Redakteure geschuldet, des „product placement“ verdächtigt zu werden, denn das ist natürlich etwas furchtbar Schlechtes (solange es nicht bezahlt ist, natürlich. Dann ist es OK.) – weshalb bestimmt Horden von Designern damit beschäftigt sind, für Serien und Filme Alltags-Verbrauchsmittel-Verpackungen zu entwickeln, die ja keinem Produkt ähneln, das tatsächlich in Deutschland verwendet wird.

In anderen Ländern sieht man das etwas pragmatischer – erstens ist für solche Späße kein Geld da, zweitens interessiert es doch ohnehin niemanden, und drittens kann man als Produktionsfirma ja vielleicht noch den einen oder anderen Taler einsparen, wenn man Firmen darauf aufmerksam macht, dass man ihre Produkt im Bild hat. Das funktioniert beispielsweise auch in Israel, wo eine Krimiserie um zwei Undercover-Ermittler einer Packung Glyde-Kondome in der Totale auftreten lässt (die Kondome spielen im weiteren Verlauf auch noch eine Rolle und werden natürlich auch benutzt, auch wenn man das nun gerade nicht so genau sieht).
(Wer sich die Folge ansehen möchte: Die Schachtel hat ihren ersten Auftritt bei Minute 1:48, eine weitere Szene ist hier:)

Manchmal freut man sich eben auch über kleine Erfolge – Glückwunsch an meinen Freund Y.S., der das Filmteam bewegen konnte, mal was anderes zu zeigen und zu nehmen als (gähn) Durex.

Boston: jetzt Kondome an allen Highschools

Wie Boston.com am Mittwoch berichtete, sind nun – nach langen Jahren des Hin und Her – an allen Bostoner Highschools Kondome erhältlich.

The Boston School Committee approved two significant policy changes Wednesday night, one of which will make condoms available in all high schools across the city and the other will beef up employee background checks. The approval of condom distribution — a key feature in a new comprehensive health and wellness policy — marks a dramatic shift in practice for the city’s public schools system. Previously, only a limited number of high schools that have health centers could hand out condoms. Now, students will be able to receive them at any of the approximately three dozen high schools either from a community health service partner, the Boston Public Health Commission, or from appropriate school staff.

Trotzdem: einfach hingehen und mitnehmen ist nicht – eine Beratung über Safer Sex ist zwingend vorgeschrieben, was ich auch durchaus für angebracht halte. Allerdings gibt es auch einen Nachteil: Eltern können bestimmen, dass ihre Kinder keine Kondome ausgehändigt bekommen sollen. Da kann man nichts dagegen machen, minderjährig ist minderjährig – aber ich hoffe mal, dass die Freunde und Freundinnen dieser Jugendlichen dann auch mal auf die Schnelle aushelfen können 🙂

„In der Apotheke (…) kennt man sich aus und Sie erhalten Qualitätsware“

Früher fingen Märchen immer – und ohne Ausnahme – mit „Es war einmal“ an. Das ist leider oft nicht mehr der Fall, insbesondere, wenn die Realität durch Wunschdenken ersetzt wird. Wie zum Beispiel in der „Apotheken Umschau“, der Zeitschrift ohne Bindestrich (OK, es fehlen ihr vielleicht auch noch ein paar andere Qualitäten, aber für ein reines Werbeblatt wollen wir da mal nicht so streng sein).

Frauenarzt König rät: „Lassen Sie sich beim Kondomkauf grundsätzlich in der Apotheke beraten. Dort kennt man sich aus und Sie erhalten Qualitätsware.“

So lässt sich Dr. Klaus König vom Vorstand des Berufsverbandes der Frauenärzte in der aktuellen Umschau zitieren. „Manche Menschen reagieren tatsächlich allergisch auf Präservative“, heißt es da unter anderem. Auch wenn das später noch etwas relativiert wird, der erste Eindruck steht: Es gibt sie tatsächlich, die Kondom-Allergie. Und wieder ist ein Schritt getan – nicht in Richtung Aufklärung, sondern auf Dummenfang. Da kann man sich manchmal nur die Haare raufen – „Kondomallergie“. Grrr. Und dann wird einem noch weisgemacht, man müsse es den Leuten ja so einfach wie möglich erklären, sonst verstünden sie es nicht (so erst kürzlich von einem Journalisten gehört). Klar, kein Problem damit – solange dadurch nicht nur Schwachsinn rauskommt. Genauso könnte man nämlich den Heuschnupfen mit dem Hinweis auf eine „Naturallergie“ erklären.
Und übrigens, lieber Herr Dr. König: Ich weiß ja nicht, wann Sie das letzte Mal in einer Apotheke waren – aber das Sortiment an Kondomen können Sie vergessen, da hat jeder Supermarkt mehr (über die Qualität will ich jetzt mal nichts sagen, da kann sich jeder selbst ein Urteil bilden). Und was die Beratungskompetenz hinsichtlich Kondomen angeht, ist in den meisten Apotheken oft nicht mal das an Wissen vorhanden, was in der „Umschau“ steht.

P.S. Auch T-Online spricht unter der reißerischen Überschrift „Wenn das Kondom Asthma auslöst“ von einer „Kondom-Allergie“. Aber da wundert das keinen, die schreiben ja eh nur von so vermeintlich seriösen Fachpublikation wie der „Umschau“ ab. Das hier am Schluss fand ich besonders gelungen:

Fast jeder große Kondomhersteller hat spezielle latexfreie, allergenarme Präservative im Angebot.

Fast richtig, möchte man rufen – wenn mit „fast jeder“ ca. 1% gemeint ist, natürlich nur. Aber das hängt dann wohl eher davon ab, wie man rechnet – alle, die keine haben, sind dann wohl keine „großen“. Zumindest für T-Online.