Nicht nur LGBT-, sondern auch abmahnfriendly

Billy Boy ist ja nun eine Marke, die sich zwar gerne selbst als aufregend jugendlich darstellt, aber unter Kondombenutzern eher als bieder und zahm wahrgenommen wird – sofern man sie überhaupt wahrnimmt (die aktuelle Design-Reihe ist ja eher sehr unauffällig einfach gehalten, im Gegensatz zu der teilweise psychedelisch zappelnden Website), was sehr oft beispielsweise in Kondomautomaten der Fall ist (ja, die gibts noch). Auf öffentlichen Toiletten, beispielsweise. Dort allerdings nicht erhältlich, aber vielleicht vom heimatlichen Bad als Geruchsaufbesserer* erinnerlich, ist der „Blue Ocean“-Duft, mit dem Billy Boy seine neuen „Fresh & feel“-Kondome versehen hat, laut Selbstbeschreibung ein „aufregend cooler Duft“ (was so das Niveau ist, auf dem ältere Männer „Jugendsprache“ erfühlen), der allerdings dem Management eventuell „neuartig frische“ Abmahnungen bescheren könnte – „Blue Ocean“ ist als Duft immerhin markenrechtlich geschützt (nur ein Beispiel: DPMA), und es wäre nicht das erste Kondom, das sich auf derartige Weise vom Markt verabschieden müsste (ich erinnere an die „Château Cocq“ von CPR, die sich mit dem Wort „Prosecco“(-Aroma) schmückten und deswegen vor gar nicht all zu langer Zeit zurückgerufen werden mussten).

Smells like fun: BILLY BOY Fresh & feel duftet unverschämt aufregend, ist leicht abrollbar und passgenau. Es ist an der Zeit, einen guten Riecher zu beweisen.

Nun ja, hoffentlich hat man sich abgesichert… Und falls es mit dem Blauen Ozean nicht so klappt, ist man ja immerhin auf der Seite der Guten, nämlich „LGBT FRIENDLY“, wie es neuerdings auf der Seite der Packung steht. Aber auch hier kann ich alter weißer Hetero nur enttäuscht mit dem Kopf schütteln – knapp an der richtigen Wokeness vorbei ist auch daneben. „LGBT“ war früher, heute ist (mindestens) „LGBTQIA+“ – und falls einer kommt und sagt, die sich hinter dem „A“ versteckenden Asexuellen bräuchten ja ohnehin eigentlich keine Kondome, so kann ich auch auf das „L“ zeigen und seufzen. Virtue signalling geht eben meistens irgendwie schief und hinterlässt dann nur einen leicht bitteren Nachgeschmack, den auch ein Lufterfrischer-Raumspray-Aroma nicht wegbekommt.

Nebenbei: Die Mapa Spontex Gruppe, zu der die MAPA GmbH als Hersteller von Billy Boy gehört, wurde im Jahre 2010 durch die US-amerikanische Jarden Corporation übernommen, die ihrerseits 2015 von Newell Rubbermaid (heute Newell Brands) aufgekauft wurde (Wikipedia). Also alles fest in amerikanischer Hand, genau wie Durex. Und zum Markenportfolio von Newell Brands gehört pikanterweise auch „Yankee Candle“ mit Raumduft und Auto-Lufterfrischern… Hmnja.

*symbolischer Link. Ich möchte keinesfalls behaupten, dass die Billy Boy „Fresh & feel“ Kondome mit frischem Blue Ocean genau so riechen wie das verlinkte Raumspray. Nur dass das klar ist. Testet es selbst, bitte.

Rippchen? Ja doch, warum nicht…

Heute mal was von Twitter*:



Und was denkt ihr so? Wonach sollten dann Kondome mit Noppen schmecken? Happy Kopfkino zum Wochenende!

*Wer hier nichts sieht (weil: Javascript deaktiviert, Twitter gesperrt, externe Links blockiert…): Hier ist ein Screenshot.

Und noch was für den Gaumen?

So. Die angeblichen Red-Bull-Kondome sind nun – genau wie die mit „Schinkenaroma“ – weg vom Fenster; die Meldung über die Kondome mit Achaari-Aroma ist schon im herbstlichen Rascheln der verdorrenden Sommerlochblätter untergegangen – also kommt nun Karex und bringt seinerseits ein neues Aroma ins Gespräch: Nasi Lemak.
Die Singapurer Straits Times vermeldet heute entsprechend:

A Malaysian condom company is hoping to spice up sex lives with a contraceptive that tastes like the country’s ultimate comfort food – nasi lemak.
Industry giant Karex […] is now set to launch a condom inspired by nasi lemak, originally a cheap breakfast consumed at streetside stalls but which is now common across the country, including at higher-end restaurants. Karex […] spent six months carrying out tests before coming up with its nasi lemak prophylactic, which smells faintly of coconut and is coated with a warming lubricant.

Also eigentlich nur eine Kombination aus Kokosaroma (gibts schon) und Warming Effect (gibts auch schon). Reiner Werbegag, kein ernsthaftes Projekt mit Marktchancen. Kein Grund also, eigentlich, für eine Meldung – vor allem da ja Karex in der Kondomwelt eigentlich nicht so als Innovator bekannt ist, sondern eher als Raubfisch, der versucht, sich alles erfolgversprechende einzuverleiben und damit genau so oft baden geht, wenn nämlich die eigentlich innovativen und einzigartigen Produkte der aufgekauften Marken dann wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit entsorgt werden (so kürzlich bei der zusammen mit dem Herstellerbetrieb Medical-Latex aufgekauften Marke ESP, wo die interessanteren Sorten, wie z.B. die Minibar-Mischung, nun eben deswegen nicht mehr produziert werden). Innovative Aromen sind also eher nicht so die Stärken der Firma. Auch mit den groß gehypten Kondomen mit Durian-Aroma ist Karex ja schon letztes Jahr baden gegangen :-/

N.B. Die in der deutschsprachigen Variante der entsprechenden Agentur-Meldung verbeitete Behauptung, lieber Kurier.at und andere, Karex stelle „jährlich rund fünf Milliarden Kondome unter dem Markennamen Carex her“, ist schlicht falsch. 5 Milliarden Kondome insgesamt mag stimmen, aber die optisch recht bieder daherkommende Eigenmarke Carex fristet eher ein bescheides Dasein und ist beispielsweise in ganz Europa nirgends zu bekommen. Die Stärken von Karex liegen eigentlich in der Auftragsfertigung und Massenproduktion (und seit ein, zwei Jahren in der Einverleibung ehemals eigenständiger internationaler Marken wie ONE, Pasante, TheyFit, ESP – wobei nocht nicht sicher ist, ob das den Marken letzlich mehr nutzt oder vielleicht sogar schadet).

Wie man Red-Bull-Kondome herstellt

Das ist ganz einfach (wenn man den Schweizern glauben darf, auch wenn sie das Verfahren diesmal bestimmt nicht selbst erfunden haben) – man nehme eine Dose Red Bull, stelle sie hinter ein Kondom und lasse irgendwie auf magische Weise das Aroma ins Kondom einziehen. So wird aus sowas:
Screenshot
dann ein Umschlag mit drei losen Kondomen (siehe Abbildung an der Seite), die ein Klebezettelchen drauf haben, auf dem (handschriftlich!) „Red Bull“ steht. Das Ganze kommt bedauerlicherweise nicht nur ohne eine Büchse Red Bull, die man vielleicht noch drüber schütten hätte können, sondern auch ohne Umverpackung, ohne Bedienungsanleitung (OK, geschenkt, wer nicht weiß, wie man ein Kondom benutzt…) und auch ohne Red-Bull-Aroma.

Offenbar kann auch Schweizer Erfindergeist das Aroma nicht durch die Büchsenwand und die (ungeöffnete) Kondom-Siegelfolie hindurch diffundieren lassen – was eigentlich schade ist, denn so bleiben der Welt viele Aroma-Kondome vorenthalten, die man sonst hätte leicht produzieren können. Ob die anderen Aroma-Kondome (Chili, Schinken, Jägermeister…) in dem Schweizer Shop wohl qualitativ ähnlich sind? Ich werde es wohl lieber nicht selbst probieren – ihr dürft mir aber gerne berichten 🙂

(Danke an meinen Freund Leo für den wertvollen Produkttipp)

P.S. Klebchen abgezogen: Das verwendete Kondom ist ein MoreAmore SoftSkin-Kondom. Bei MoreAmore weiß man von dieser kreativen Verkaufsförderung allerdings nichts… (und ich fürchte, bei Red Bull auch nicht)

(Update, 16:04 Uhr: Das ging ja schnell: „Product not found“… Alles ausverkauft, hm? Aber Jägermeister-Aroma ist noch zu haben.)