Und hier kommt der nächste Eierwärmer

… und „revolutioniert“ (wieder einmal) die Verhütung; auch wenn es (wieder einmal) nur einen „Prototyp, der einen Schutzcharakter herüberbringen soll,“ gibt. Es ist natürlich nicht das erste Mal, dass das Abkochen von Spermien (sei es via Ultraschall oder zu enge Unterhosen) als Verhütungsmethode gefeiert wird, die dem einfachen Überziehen von Kondomen haushoch überlegen sei.

„Zur Verhütung gehören immer zwei“ – das dachte sich eine Studentin und entwarf zusammen mit einem Start-Up einen Hodenwärmer. Das steckt dahinter.

Oh. Ein Klickbait. (Archiv) TL;DR?

  • Studentin aus Münster
  • Bachelor in Design an der Fachhochschule
  • Aufgabe bekommen, ein eigenes Projekt zu entwerfen
  • von Content Creatoren angeschrieben
  • Jungs aus einem Start-up
  • Idee der drei Männer sehr kalt und technisch

Für Bujak begann also ein gemeinsamer Arbeitsprozess zusammen mit dem Start-up aus Frankfurt. Die Idee: ein Hodenwärmer als hormonfreies Verhütungsmittel. Mithilfe von einer Wärmetherapie sollen fünf Minuten Anwendung ausreichen, um einen Monat lang verhüten zu können.

Nun ja, soweit die Klickbait-Newsschleuder. Die FH Münster hat dann doch noch etwas mehr (Archiv):

Und so funktioniert „Cocooner“: Der Nutzer platziert das Gerät in seiner Leiste. Mithilfe einer Feder lässt es sich aufklappen und umschließt den Hoden. Auf jeder Seite wird es für fünf Minuten angelegt und über eine kleine Steuereinheit mit Display bedient. Die Elektroden erwärmen den Nebenhoden auf 40,2 Grad Celsius, wodurch die Spermien für rund vier Wochen bewegungs- und somit zeugungsunfähig bleiben. „Die Wärmeentwicklung entsteht dabei nur im Gewebe des Nebenhodens, nicht direkt auf der Haut“, erklärt Bujak. „Die Männer können ‚Cocooner‘ entspannt im Sitzen anwenden.“ Insgesamt, mit einer Aufwärm- und Lauf- und Abkühlzeit, dauert der Vorgang 30 Minuten.

Na ja. Wer’s mag… aber ich prophezeie mal, dass das hehre Ziel, das Kondom endlich abzulösen, auch davon nicht mal annähernd erreicht werden wird. Das Teil wird als Idee in den Archiven verschwinden, wie alle anderen auch. Schon der Name … ich kenne „Cocooner“ als Babytragetuch. Aber was weiß ich schon.

Warum so viele – offensichtlich ja auch nicht dumme – Leute so davon besessen sind, ein wunderbar funktionierendes und einfaches Prinzip durch ein komplizierteres zu ersetzen, werde ich wahrscheinlich nie verstehen.

Wie auch immer: Guten Rutsch allen da draußen, mit oder ohne angewärmte Hoden 🙂 Und wenn Ihr feiern geht, nehmt ein paar Kondome mit. Sicher ist sicher.

Kondomconcierge, anyone?

Einhorn mal wieder. Man sucht einen neuen Mitarbeiter (Archiv).

einhorn aus Berlin produziert nachhaltige Kondome und Periodenprodukte aus regenerativer Landwirtschaft. Magisch und mit jeder Menge Tamtam!

Das mit dem Tamtam kenne ich. Magie… nun ja. Wenn Leute heutzutage ihr Geschlecht selbst bestimmen können, warum sollen sie sich nicht auch als Magier definieren können. Das ändert zwar nichts an der Tatsache, dass die Produkte ganz normal produziert werden (wie andere Produkte auch), aber was solls. Magie!!! Produktionsprozesse begreift doch eh‘ keiner mehr. Wo ist die Sendung mit der Maus, wenn man sie mal braucht…
Man sucht aber natürlich keinen Zauberer, sondern nur einen … Türsteher. Besucher-Abwimmler. Pförtner. Gefängniswärter? Also einen „Concierge“, einen „Kondom-Concierge“ (WTF?) gar:

einhorn ist eine Purpose Company. Du arbeitest also nicht für Investor*innen oder um die Gründer*innen reich zu machen. einhorn kann außerdem nicht verkauft werden, schüttet keine Gewinne aus und gehört sich selbst. Das bist du: Ein*e B2B Sales Manager*in (mit magic) aka Kondomconcierge. Make Magic Happen! Unter diesem Hashtag tragen wir seit 7 Jahren unsere Produkte und Messages in die Welt. Ob Kondome, Menstruationstasse oder Tampons. Von dir erwarten wir nichts Geringeres, als ein bisschen mit unseren Produkten zu zaubern.

Ah…. ja. Dass Euch hier die Begriffe bunt durcheinanderpurzeln, ist bestimmt dieser „Magie“ geschuldet; die konkrete magische Ausgestaltung der Firma kann sich ja heutzutage jeder aus dem Handelsregister kostenlos ziehen. Da steht dann auch drin, wem die Firma gehört (der „Vladiglobe Ventures UG“, der „Dinosaur Ventures UG“ und der „Purpose Stiftung gGmbH“; was für ein Kindergarten mit Zeitgeistanstrich), und von da aus kann man sich dann gerne weiter durchhangeln. Ist schon interessant, wie kapitalistisch das Ganze hingegen in der Realität, fernab von Glitzerstaub, tatsächlich funktioniert (Die zuletzt veröffentlichte Bilanzsumme der einhorn products GmbH liegt im Jahr 2021 bei 2,3 Mio. €. Der Unterschied zum Vorjahr liegt bei -17,5%.), Magie hin oder her.
Natürlich wird keinerlei formelle Qualifikation verlangt (das wäre ja bestimmt irgendwie diskriminierend), „Gespür/Skills für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge + Preiskalkulation“ reicht; offensichtlich ist es viel wichtiger, zu den Benachteiligten zu gehören:

Wir wertschätzen Vielfalt und begrüßen daher besonders Bewerbungen von Menschen, die Diskriminierungen wie Trans-, Homo- und Bifeindlichkeit, Rassismus, Ableismus (Diskriminierung von Menschen mit Behinderung), Klassismus (Diskriminierung hinsichtlich der sozialen Schicht), Ageismus (Diskriminierung hinsichtlich des Alters) oder Sexismus erfahren.

Also: Man sucht ein/e* zaubernde/s pförtnernde/s Diskriminierungsopfer*in mit Schublade („Du verwandelst B2B-Retailer in Stammgäste […]und wenn mal was nicht klappt… na dann hast du immer ein paar Überraschungen in deiner Schublade um doch noch allen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.“) als „einhorn tripadvisor of excellence“ („fließende Deutsch- und Englischkenntnisse“). Und „statt Broadway Show gibt es einen Blick hinter die Kulissen der Menstruationstasse“.
Na, wenn das mal kein Top Job ist. Ach: „Für diesen Job haben wir leider keine Infos zum Gehalt“, schreibt die veröffentlichende Plattform. Na so was.

Ein qualifiziertes Konservierungsmittel garantiert eine sichere Beziehung.

Das ist doch mal ein Wort.
OK, ein Satz.
Der ist zwar grammatisch korrekt, aber trotzdem… Wie konserviert man eigentlich eine Beziehung? Ich meine, wo muss man das Konservierungsmittel auftragen, und was unterscheidet ein qualifiziertes von einem unqualifizierten Konservierungsmittel? Fragen über Fragen. Auf sinnenreize.de (Archiv) kann ich zwar gleich 25 x 144 Einheiten Konservierungsmittel kaufen („Unilatex-Konservierungsmittel stehen für hohe Qualität. Mit Qualitätskontrolle zertifiziert nach ISO 4074. Eigenschaften: Glatt und geschmiert.“), aber Antworten finde ich dort auch wohl keine…
Nun ja, die Spanier. Das sind die, die ihre Produkte gerne mittels Google Translator in ganz Europa vertreiben und sich dann wundern, warum es mit den Umsätzen nicht so klappt. Zu dumm, dass „preservativo“ hier eigentlich mit „Kondom“ übersetzt werden müsste, aber über solche Kleinigkeiten ist man unter der heißen Sonne des Mittelmeerstrandes wohl erhaben. „Bürgerliche Kategorien“, würde mit einem verächtlichen Ton das Känguru sagen, „alles nur bürgerliche Kategorien“.
Noch mehr Spanier? Bitte:

Schmierung: Geschmierter Erdbeerduft (Confortex via Orgaxx, Archiv)

Vergewissert sich, dass das Kondom nicht zerbrochen ist (mit Wasser füllen und auf den Vorratsbehälter drücken), binden Sie es und werfen Sie es in den Mülleimer, niemals auf die Toilette oder auf die Straße (denken Sie daran, dass Kondome nicht biologisch abbaubar sind). Verwenden Sie für jeden Geschlechtsverkehr ein neues Kondom oder jede sexuelle Praxis wird geändert. (Confortex via Fesselliebe, Archiv)

Verlängertes Vergnügen verzögert 12 Einheiten (Durex via Loveshop.lu, Archiv)

Dass man über solche Produkttexte bei Amazon oder anderen international aufgestellten Plattformen ständig stolpert – geschenkt. Die freidrehende Amazon-KI erachtet wohl solche kryptischen Beschreibungen als höherwertig, und die Händler haben das hinzunehmen. Aber dass einzelne Shops sich das auch antun und den kompletten Feed eines ausländischen Lieferanten maschinell übersetzt und ungeprüft übernehmen, lässt mich an der Ernsthaftigkeit dieser „Unternehmer“ doch zweifeln.

Von wegen kurios

Warum sind Diebstähle von Kondomen in der deutschen Presse immer „kurios“? Gut, nicht immer, aber so häufig, dass es schon richtig unangenehm auffällt – und zwar quer durch Sortiment, vom Boulevard bis vom Qualitätsjournalismus™:

Was ist daran nun so besonders „kurios“? Klau ist Klau, und geklaut wird bekanntlich alles, was man wegschleppen kann. Mal dies, mal das, ganz nach Vorliebe und Geschmack. Warum also nicht Kondome? Das ist Diebesgut wie alles andere, egal ob für den Eigengebrauch oder fürs Weiterverhökern. Nicht, absolut gar nichts daran ist irgendwie „kurios“. Grummel.