Der Flop mit den Gratis-Kondomen

Erinnert sich noch wer? Seit Anfang dieses Jahres sollten Kondome für Jugendliche in Frankreich gratis sein; ich hatte vor einem Jahr schon meine Zweifel angemeldet, ob und wie das funktionieren sollte.
Nun, long story short: Nope, es funktioniert nicht. Zumindest nicht so, wie es euphorisch vorab gefeiert wurde. Ich habe mich bei Kondomhändlern in Frankreich erkundigt (denen geht es nach wie vor gut, niemand hat deswegen seinen Shop dichtmachen müssen), und der Tenor wird von meinem Kollegen M. ganz gut auf den Punkt gebracht:

I asked some pharmacists, and now it’s a flop. It’s not a competition to the regular business, as once a condom is inside a pharmacy retail, it can’t do advertising on this model. And the range of condoms are limited. Another thing, a model sold inside a pharmacy network can’t be sold in the regular retail network!

Kurz gesagt, die Gratis-Abgabe stellt keinerlei Konkurrenz zum normalen Geschäft dar, denn die Hersteller/Anbieter der dort angebotenen Sorten dürfen für diese Sorten keine Werbung mehr machen, und das Anbieten dieser Sorten im regulären Handel ist auch nicht mehr möglich. Dadurch ist das Angebot an Gratis-Ware automatisch recht begrenzt, da kein namhafter Hersteller sich selbst mit einem Werbeverbot und Verkaufseinschränkungen ins Abseits schießen möchte.
Also, seufzt Sender Jerewan, natürlich gibt es – wie versprochen – Gratiskondome für Jugendliche in französischen Apotheken. Aber die Auswahl ist sehr bescheiden, und der Gang in die Apotheke sicher nicht immer einfach. Die Onlinehändler haben jedenfalls keine Einbußen zu vermelden, und die zum Jahrestag eigentlich angesagten medialen Erfolgsmeldungen werden wohl auch eher bescheiden (oder ganz) ausfallen. Falls aber jemand über irgendwas stolpert – gerne her damit.

Macron und die Gratis-Kondome

Frage an Sender Jerewan: Stimmt es, dass Kondome ab Januar in Frankreich gratis sind?

Antwort: Im Prinzip: ja. Nur sind es nicht alle Kondome, sondern nur welche aus der Apotheke, und auch nicht alle, die man in der Apotheke bekommen kann, sondern nur bestimmte, und auch nicht für alle, sondern nur für Jugendliche zwischen 18 und 25.

Abgesehen davon, dass „mit Ausweis in die Apotheke gehen, um sich dort Kondome zu holen“ bestimmt DER große Renner unter französischen Jugendlichen werden wird, die Presseberichten zufolge momentan ohnehin nicht ganz so verhütungsaffin sind, wird das natürlich ein Riiiieeeesenerfolg werden. Kondome auf (Kassen-)Rezept gibt es in Frankreich übrigens schon seit 2018 – da muss man aber, wie gesagt, erstmal zum Arzt. Und mehrwertsteuerbegünstigt sind sie schon weitaus länger (in Deutschland natürlich nicht). Und jüngere Menschen bleiben (wieder einmal) außen vor. Ist ja auch völlig undenkbar, dass man unter 18 schon Sex hat; Teenager-Schwangerschaften gibt es ja bekantlich nur im Ausland.

Deutschsprachige Pressemeldungen schweigen sich allerdings aus, wenn es darum geht, wie das nun konkret ablaufen soll (Schlagzeile und ein wenig allgemeines Blafasel reicht ja in der Regel für den Klick); es gäbe da also mehrere Möglichkeiten, das umzusetzen. Was mir spontan einfällt:

Variante 1: Direkte Auftragsvergabe. Praktisch gesehen, würde es bei dieser Variante zumindest einen (oder mehrere; ich muss gestehen, ich weiß nicht genau, wie das in Frankreich mit der Auftragsvergabe durch die Regierung in der Praxis aussieht, und vermute deshalb mal einfach, dass es – EU und so – ähnlich wie in Deutschland laufen wird) Gewinner dieser populistischen Maßnahme geben – nämlich den Hersteller/Importeur, der sich den 21-Millionen-Auftrag sichern würde. Es ist allerdings anzunehmen, dass es – angesichts der sehr angespannten Finanzlage des französischen Haushalts – nicht unbedingt die besten Kondome sein werden, die dann gratis abgegeben werden, sondern wahrscheinlich eher ein paar Container Billigware auch China, schließlich muss man ja auch noch ein wenig Gewinn erwirtschaften. Ob es mehrere Sorten (Größen, Farben, Texturen) zur Auswahl geben wird, darf bei diesem Modell bezweifelt werden – Erfahrungen in anderen Staaten lassen vermuten, dass die Auswahl bei staatlich gesponserten Verhütungsmittelverteilungen eher spärlich ausfallen dürfte.
Variante 2: Die praktische Umsetzung wird an die Apotheken delegiert. Wenn man den Apotheken also gestattete, selbst zu entscheiden, was man der Regierung in Rechnung stellt, wird es natürlich Vorschriften, Erlasse, Grenzen und Richtlinien geben, was geht und was nicht. Bürokratie ist auch in Frankreich die heimliche Herrscherin der Gesellschaft – und wer sich noch an die in der Apotheke einzulösenden „Maskenbezugsscheine“ erinnert, wird sich vorstellen können, dass französische Apotheker regelrecht hingerissen wären von den neuen Dokumentationspflichten, die mit Sicherheit auf sie zukommen würden.
Variante 3: Nachträgliche Abrechung bei Kranken- oder Sozialkassen. Diese Variante würde zumindest eine Vorfinanzierung seitens des Käufers nötig machen (wäre also für wirklich arme Menschen nicht hilfreich); anschließend müsste man dann seine Quittungen bei der Krankenkasse/Sozialversicheurng einreichen dürfen – und feststellen, dass doch nicht alles Gold ist, was glänzt. Wird es Obergrenzen geben für bezogene Mengen pro Monat und/oder erstattbare Preise? Wie beweist man, dass man für sich selbst gekauft hat und nicht für andere, nicht bezugsberechtigte Personen? Wieviel neue Online-Wohnzimmerkondomhändler wird es einem halben Jahr geben?

Auch Gesundheitsminister François Braun scheint von Macrons Vorstoß überrascht worden zu sein und spielt lieber Buzzword-Bingo, statt konkretes zu verkünden (Archiv):

Si les modalités de cette prise en charge restent à préciser, le ministre de la Santé, François Braun, a assuré vendredi que «ça va être très simple : un remboursement à 100 % par la Sécurité sociale», «sans ordonnance». «Un des enjeux majeurs est la santé des jeunes» dans un contexte de «reprise des infections sexuellement transmissibles (IST), qui sont une grande cause d’infertilité», a fait valoir le ministre sur BFMTV et RMC.

Ja gut, er hat „rezeptfrei“ gesagt. Das hatte Macron aber auch schon. Ob das aber alles tatsächlich helfen wird, die Anzahl der Franzosen zu reduzieren, sei dahingestellt; gerade die gesellschaftlich ganz unten stehenden Menschen sind auf alles, was „von oben“ kommt, ohnehin schlecht zu sprechen.

Unterhose

Fangen wir mal mit einem Screenshot an:

Was soll man dazu noch sagen… Verhütung per Unterhose (Archivversion) also. Funktioniert bestimmt genau so gut wie Verhütung per Apfel („statt Sex zu haben lieber einen Apfel zu essen…“, alte Volksweisheit).

Konkret funktioniert die Verhütungsunterhose so: Sie hebt die Hoden näher an den Körper und erwärmt diese um rund 2 Grad. Dadurch wird die Spermienproduktion deutlich heruntergefahren. Gemäss Wissenschaftlern sollten Männer das Stück rund 15 Stunden täglich tragen.

Ich weiß ja nicht, Leute… aber wer tut sich sowas an? 15 Stunden unangenehme Kneifunterhose, lediglich für eine Verschlechterung der Spermienqualität und -menge? Es ist ja nicht so, dass das wie eine temporale Vasektomie wirken würde – und wir alle wissen doch auch, dass es für eine erfolgreiche Befruchtung nur ein einziges Spermium braucht. Um erfolgreich und sicher zu verhüten, darf also kein Spermium durchkommen – und das funktioniert bekanntlich nur bei Apfel (= Enthaltung), Vasektomie(= Durchtrennung des Samenleiters), oder Kondom (oder wenn man halt gar keine Hoden mehr hat, klar. Eunuchen sind verhütungstechnisch klar im Vorteil). Alles andere ist Spiel auf Risiko.

Mein Sommerwohnsitz

… als Kondom-Blogger sollte doch eigentlich in Condom sein. Hier zum Beispiel:

Nette Bude. Hat nur ein kleines Häkchen: Mir fehlen am Kaufpreis von derzeit knapp 1.7 Mio. € (Archiv) nur noch gut 99.9998%. Aber ich habe schon angefangen zu sparen!