Kondomconcierge, anyone?

Einhorn mal wieder. Man sucht einen neuen Mitarbeiter (Archiv).

einhorn aus Berlin produziert nachhaltige Kondome und Periodenprodukte aus regenerativer Landwirtschaft. Magisch und mit jeder Menge Tamtam!

Das mit dem Tamtam kenne ich. Magie… nun ja. Wenn Leute heutzutage ihr Geschlecht selbst bestimmen können, warum sollen sie sich nicht auch als Magier definieren können. Das ändert zwar nichts an der Tatsache, dass die Produkte ganz normal produziert werden (wie andere Produkte auch), aber was solls. Magie!!! Produktionsprozesse begreift doch eh‘ keiner mehr. Wo ist die Sendung mit der Maus, wenn man sie mal braucht…
Man sucht aber natürlich keinen Zauberer, sondern nur einen … Türsteher. Besucher-Abwimmler. Pförtner. Gefängniswärter? Also einen „Concierge“, einen „Kondom-Concierge“ (WTF?) gar:

einhorn ist eine Purpose Company. Du arbeitest also nicht für Investor*innen oder um die Gründer*innen reich zu machen. einhorn kann außerdem nicht verkauft werden, schüttet keine Gewinne aus und gehört sich selbst. Das bist du: Ein*e B2B Sales Manager*in (mit magic) aka Kondomconcierge. Make Magic Happen! Unter diesem Hashtag tragen wir seit 7 Jahren unsere Produkte und Messages in die Welt. Ob Kondome, Menstruationstasse oder Tampons. Von dir erwarten wir nichts Geringeres, als ein bisschen mit unseren Produkten zu zaubern.

Ah…. ja. Dass Euch hier die Begriffe bunt durcheinanderpurzeln, ist bestimmt dieser „Magie“ geschuldet; die konkrete magische Ausgestaltung der Firma kann sich ja heutzutage jeder aus dem Handelsregister kostenlos ziehen. Da steht dann auch drin, wem die Firma gehört (der „Vladiglobe Ventures UG“, der „Dinosaur Ventures UG“ und der „Purpose Stiftung gGmbH“; was für ein Kindergarten mit Zeitgeistanstrich), und von da aus kann man sich dann gerne weiter durchhangeln. Ist schon interessant, wie kapitalistisch das Ganze hingegen in der Realität, fernab von Glitzerstaub, tatsächlich funktioniert (Die zuletzt veröffentlichte Bilanzsumme der einhorn products GmbH liegt im Jahr 2021 bei 2,3 Mio. €. Der Unterschied zum Vorjahr liegt bei -17,5%.), Magie hin oder her.
Natürlich wird keinerlei formelle Qualifikation verlangt (das wäre ja bestimmt irgendwie diskriminierend), „Gespür/Skills für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge + Preiskalkulation“ reicht; offensichtlich ist es viel wichtiger, zu den Benachteiligten zu gehören:

Wir wertschätzen Vielfalt und begrüßen daher besonders Bewerbungen von Menschen, die Diskriminierungen wie Trans-, Homo- und Bifeindlichkeit, Rassismus, Ableismus (Diskriminierung von Menschen mit Behinderung), Klassismus (Diskriminierung hinsichtlich der sozialen Schicht), Ageismus (Diskriminierung hinsichtlich des Alters) oder Sexismus erfahren.

Also: Man sucht ein/e* zaubernde/s pförtnernde/s Diskriminierungsopfer*in mit Schublade („Du verwandelst B2B-Retailer in Stammgäste […]und wenn mal was nicht klappt… na dann hast du immer ein paar Überraschungen in deiner Schublade um doch noch allen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.“) als „einhorn tripadvisor of excellence“ („fließende Deutsch- und Englischkenntnisse“). Und „statt Broadway Show gibt es einen Blick hinter die Kulissen der Menstruationstasse“.
Na, wenn das mal kein Top Job ist. Ach: „Für diesen Job haben wir leider keine Infos zum Gehalt“, schreibt die veröffentlichende Plattform. Na so was.

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Content-Klau ist ja im Web nichts neues; für viele Seitenbetreiber ein ewiges Ärgernis, aber meist muss man eben schulterzuckend darüber hinweg sehen, die Verantwortlichen bekommt man ohnehin nie in die Finger. Richtig fies wird so etwas aber dann, wenn dadurch – beispielsweise – ein veganes Produkt dadurch in einen bestimmt nicht intendierten Zusammenhang mit Tieren (und deren Ausscheidungen) gesetzt wird:

Ich vermute, dass die Domain keinem guten Zweck dient – im Gegensatz zu den dort „beworbenen“ Einhorn-Kondomen. Wem so etwas also ins Postfach gespült wird: nicht draufklicken. Zur echten Einhorn-Seite geht’s hier.

Endlich: Kondome gegen den Klimawandel!

Fridays for Future hat ausgedient, und Extinction Rebellion kann auch entsorgt werden – denn bald sind wir gerettet: einfach Kondome kaufen, und wir müssen nicht alle sterben!
Nicht irgendwelche Kondome, natürlich, nicht dass da jemand auf falsche Ideen kommt – nein, ein „Start-Up“ muss es sein, mit „Crowd-Funding“ natürlich, und zahlen kann man im Shop später dann mit einer „Distributed-Ledger-Technologie“ – kurz, es handelt sich um ein Produkt, das eine ganz bestimmte Kundenschicht ansprechen soll (zu der ich wahrscheinlich eher nicht gehöre, ich geb’s ja zu).
Sei es wie es sei, natürlich ist es eine noble Geste, für jedes verkaufte Kondom einen Baum zu pflanzen, das wird dann für den Konsumenten sicher entsprechend teuer* – nicht alle werden gerettet werden, das kennen wir schon aus der Bibel, man muss es sich schon leisten können.
Die gute Nachricht: die Kondome werden nicht von einer upgestarteten distribuierten Legder-Funding Crowd (oder so) produziert, sondern von Richter Rubber** in Malaysia, einem soliden und doch eher traditionellen Unternehmen, das in der Branche einen sehr guten Ruf genießt. Ob das Start-Up RELEAF (Archiv-Version) nun das angestrebte Ziel von 50 Millionen Bäumen (und damit den Verkauf von 50 Millionen Kondomen, also fünfeinhalb Millionen Schachteln à 9 Stück), deren „Baumpflanzungs-Koordinaten im Tangle (dem IOTA Distributed Ledger)“ dann auch kundenfreundlich dokumentiert werden sollen, erreicht, ist eher nebensächlich; die Kunde von der guten Tat ist in der Welt (also zumindest in Hamburg), und das Schachteldesign ist auch fast fertig, und die ersten Euronen haben ein paar Klimakatastrophen-Überlebenswillige auch schon auf IndieGoGo zugesagt.
Schauen wir mal, wie sich das Ganze entwickelt. In der Zwischenzeit kann man (ohne ein schlechtes Klimagewissen zu haben) natürlich auch mit anderen Kondomen weitermachen, und Bäume pflanzen soll meines Wissens auch ohne großes Bohei gehen. Kann man ja auch einfach so machen, ohne Pressemitteilung.

* nach den bei IndieGoGo genannten Preisen, Stand von heute: etwa 1.-/Kondom (also 9.-/Schachtel). Da bleibt (nach Abzug der tatsächlichen Kosten für Produktion, Versand aus Malaysia, Importhandling, Lager, Vertrieb, Design, Shopwartung, Personal, Steuern etc.) aber nicht viel übrig für einen Baum…

** da fiel mir noch ein, dass Richter Rubber ja nicht nur diese herstellt, sondern auch die („aus dem Gerichtssaal bekannten“) Einhorn-Kondome – Ihr erinnert Euch: ein Kondom, viele bunte Chipstüten… Ja, die gibts noch. „Fairstainability“ und so. Mittlerweile mit 2 (!) verschiedenen Kondomen. Aber jetzt mit weniger Tüten. Vielleicht haben die alten ja mittlerweile Sammlerwert?

Gerade noch mal gut gegangen

Uff *Schweiß von der Stirn wisch*, das hätte auch in die Hose gehen können – scheint aber doch noch ganz glimpflich abgegangen zu sein. Das Ober-Einhorn hat es geschafft, Bier auf Amazon zu verkaufen:

Sales-Termine und Social Events inklusive Handshaking mit Wiens Bürgermeister und Außenminister Sebastian Kurz. The next big thing: Wir haben für Ottakringer die Amazon Prime Now-Listung erwirkt – wichtig für all die durstigen Ottakringer-Fans da draußen!

… und der Bierkönig hat versucht, das Feenstaub-Durcheinandergewusele bei den komdomhaltigen Chipstüten ein wenig aufzuräumen:

Er hat uns das Enterprise-Resource-Planning vorgeschlagen. Das bedeutet, wir sollen mehr Augenmerk auf Kapital, Personal, Betriebsmittel, Material, Informations- und Kommunikationstechnik und IT-Systeme legen und im Sinne des Unternehmenszwecks rechtzeitig und bedarfsgerecht planen und steuern.

Schien wohl nötig zu sein.
Mehr gibts bei Kununu, auch weiterführende Links.