Ritex und seine Zulieferer

impulseLesenswert: Wie ein Kondom hergestellt wird. Nicht wegen eventueller Informationen über den eigentlichen Herstellungsprozess (die findet man dort nicht; dazu gibt es aber für die, die es interessiert und die es immer noch nicht wissen, woanders eine ganze Menge Videos), sondern wegen der Informationen über die verschiedenen Zulieferer, die letztlich auch alle an der Produktion eines Kondoms beteiligt sind – vom Hersteller der Maschinen über die Lieferanten der Farb- und Zusatzstoffe bis zu den unverzichtbaren Produktionshilfsmitteln wie Maisstärke (ja, wirklich).
Allerdings (nicht dass Ihr denkt, ich hätte mal nichts zu meckern!) frage ich mich, warum es laut Untertext nur um „die 16 Zentimeter langen Kondome von Ritex“ geht; meines Wissens hat Ritex so kurze Kondome gar nicht im Angebot (Standardlänge ist 180mm), oder?

Natürlich konnte man sich einen Seitenhieb auf einen kürzlich gerichtlich niedergekämpften Konkurrenten nicht verkneifen: „Die Konkurrenz vertreibt in Deutschland fast ausschließlich im Ausland gefertigte Kondom-Rohlinge“ ist im Mouse-Over zu lesen. Nun, das trifft sicherlich auf viele Marken zu, von Amor über My.Size bis Durex und andere, aber „fast ausschließlich“ ist meines Erachtens überzogen. Mapa (Billy Boy) und CPR (Sico, Secura, …) beispielsweise produzieren gewiss nicht weniger als Ritex (wenn nicht gar mehr?), und ebenfalls in Deutschland.
Ob es sinnvoller ist, Latexmilch in Containern wochenlang über die Weltmeere schippern zu lassen, oder diese gleich vor Ort – quasi „frisch“ – zu verarbeiten und die fertigen Rohlinge zu versenden, ist sicher Ansichtssache; dass im Ausland gefertigte Kondome zwangsläufig schlechter sein müssen als einheimische, wird sicher nicht einmal Ritex behaupten wollen 🙂

Ritex mit Nivea-Duft

Ritex IntensivIrgendwie krame ich dieser Tage gezwungenermaßen lauter olle Kamellen aus… kürzlich war ich nämlich dienstlich in Bielefeld (oder zumindest in einer Stadt, die offenbar auf „Bielefeld“ getrimmt war, auch wenn etliche Kulissen mehrfach verwendet wurden) und gelangte dort in den Besitz eines interessanten Kondoms. Von außen sieht es ganz gediegen nach Ritex aus (das steht zumindest auch drauf), aber wenn man es aufmacht, hat man ein original echtes NIVEA-Kondom vor sich – zumindest dem Geruch nach.
Ist das nun der neueste Versuch einer Garde heimlicher Revolutionäre bei Beiersdorf (Nivea-Hersteller), doch noch den deutschen Kondommarkt zu erobern? Bisher hat man sich ja jahrelang nicht getraut; die Beiersdorf-eigenen Traditions-Kondommarken (ja, die gibts tatsächlich!) „Duo“ und „Harmony“ wurden bislang nur für den südeuropäischen Markt produziert, mit dem großen Feldversuch in Frankreich („Hansaplast“-Kondome) war man wohl auch nicht ganz glücklich, und die neue Marke „ESP„, die schon seit einiger Zeit in Deutschland erhältlich ist, taucht in offiziellen Verlautbarungen kaum auf und wird auch durch Beiersdorf hierzulande nicht aktiv beworben.
Tja, die spannende Frage „Wer hat bei Ritex den Nivea-Duft eingeschmuggelt?“ harrt ihrer Lösung… Bin gespannt, ob’s einer rauskriegt. Whistleblower dürfen bitte gerne die e-Mail-Adresse aus dem Impressum benutzen 🙂

Ritex auf FacebookUpdate, 14.10.: Ritex hat die neuen Nivea-Kondome nun auch ins Titelbild des Facebook-Auftritts gepackt. Ich kann Euch aber beruhigen: So stark, dass man jemanden anhand seines Kondomgeruchs (!) anbaggern könnte, riechen sie nicht. Man muss sein Gesicht schon ziemlich in Beißweite haben, um den Geruch wahrzunehmen 🙂
(Ob man sich statt mit der Originalcrème behelfsweise auch mit einem über die Hand gezogenen Kondom eincremen könnte, weiß ich nicht. Wäre einen Versuch wert… aber ich fürchte, dazu ist zu wenig drauf.)

Deutsche Kondome

„Deutsch“ ist ein Adjektiv, das seit längerem und in inflationärem Maßstab an alles und jedes angehängt wird. Dabei bezieht es sich ursprünglich lediglich auf Menschen und bezeichnet deren Zugehörigkeit zu einer sich über eine gemeinsame Sprache und Kultur definierenden Gruppe.
Heute können sogar Kondome deutsch sein. Angeblich. So deutsch jedenfalls, dass man sich vor Gericht darüber streiten muss, weil dem einen die Kondome nicht deutsch genug sind, während sie dem anderen zufolge ausreichend deutsch sind, um deutsch genannt zu werden. Ein seltsames Land, dieses Deutschland.
„Made in Germany“ war ursprünglich eine zweifelhafte Zwangsauszeichnung, mit der sich die Briten vor minderwertiger Importware aus Deutschland schützen wollten – heute kloppt man sich vor Gericht darum, diese Bezeichnung verwenden zu dürfen.
Latexkondome bestehen aus einem Material (Latex, vulgo: Gummi), das aus Latexmilch hergestellt wird, die von einer Pflanze stammt, die in Deutschland weder natürlich vorkommt noch angebaut werden kann, nämlich der Latexpalme (auch als Gummibaum bekannt, wenngleich nicht mit dem bürgerlichen Amtsstubengummibaum zu verwechseln, aus dem man keine Kondome machen kann). Das gesamte Rohmaterial (mit Ausnahme, vielleicht, einiger Prozesschemikalien, aber das erfährt man ohnehin nicht) kann also schon mal nicht „deutsch“ sein. Sehr viele Produzenten nutzen allerdings Technik deutscher Firmen bei der Produktion von Kondomen – auch das macht die Kondome allerding keinen Deut deutscher als sie ohnehin nicht sind. Hm.
Wenn man den Ausführungen des Gerichts nun folgt, dann ist der wesentliche Produktionsschritt, der die Deutschheit eines Kondoms definiert, die Herstellung des Rohlings, die in einer auf deutschem Boden befindlichen Produktionsstätte erfolgen muss. Kommen die Rohlinge nämlich aus dem Ausland, darf das Kondom nicht mehr deutsch sein. Nun ja. Im Ganzen spricht das für eine ziemlich nach Bilderbuchwissen geformt Entscheidung, denn das Tauchen eines Glaskolbens in aufbereitete Latexmilchlösung lässt zum ersten Mal das Endprodukt „Kondom“ erahnen, also muss genau das der wesentliche Produktionsschritt sein, der in Deutschland zu erfolgen hat, damit die Endprodukte dann ausreichend deutsch sind – unabhängig davon, dass dies nur einer von vielen Produktionsschritten ist.

Was also macht Kondome deutsch? Es ist also weder das Material noch die Technik, auch nicht die Technologie bzw. das Produktionsverfahren, es ist nicht die Nationalität der produzierenden Angestellten, es ist auch nicht die Eigentümerschaft der Hersteller (dann wären Beiersdorf-Kondome ja deutsch, Billy Boy französisch und Durex amerikanisch), nein, all das ist unwesentlich. Die Tauchstation muss in Deutschland stehen.

Das Ganze ist irgendwie genau so skurril wie ein Streit von T-Shirt-Produzenten darüber, ob das Einnähen eines in Polen gedruckten Schildchens mit Waschhinweisen in das in China genähte, aus ägyptischer Baumwolle in Indien vorverarbeitete und über die französische Tochter eines amerikanischen Konzerns importierte und dann in einem vietnamesischen Laden im Türkenviertel an australische Touristen verkaufte T-Shirt selbiges zu einem deutschen Produkt macht, wenn es in Deutschland stattfindet…

Ich persönlich bevorzuge ja Kondome, die dort hergestellt werden, wo das Rohmaterial herkommt (wenn es geht, auch gerne nachhaltig produziert und fair gehandelt), denn die qualitätsentscheidende Komponente ist das Rohmaterial und seine Verarbeitung, nicht der Standort der Tauchstraße. Und das gilt eigentlich für eine ganze Menge Dinge, nicht nur für Kondome.

Also: macht nur weiter. Nächste Station: Bundesgerichtshof. Popcorn!

Oster-Gewinnspiel bei Ritex

Bei Ritex gibt es (wieder einmal) ein nettes Gewinnspiel. Unter www.ritex.de/nc/liebeslust/oster-gewinnspiel gibt es ein paar öster-eier-liche Kleinigkeiten zu gewinnen. Ist nicht die Welt, aber ganz nett – und mitmachen geht schnell. (Quelle: Ritex-Newsletter)