Hier fällt mir gar kein Titel ein, so dämlich ist das.

Es geht, seufz, wieder einmal (ja, ich weiß, der Beitrag in der RP Online ist schon 2 Jahre alt, wird mir aber warum auch immer regelmäßig in meinen Feed gespült. Vielleicht hört es auf, wenn ich was dazu schreibe? Bitte!? Danke.) um „eine Revolution in Sachen Verhütung“. Ich weiß auch nicht, was manche Menschen für Probleme mit Kondomen haben – sie sind so einfach zu benutzen, dass selbst die größten Deppen ihre Linie damit sicher zum Aussterben bringen können, sie sind preiswert, leicht mitzunehmen, und in allen Bequemlichkeitsvarianten zu erhalten, für notorische Keingeldhaber bei Bedarf auch gratis. Aber nein, eine App muss es sein. Und hier gehts schon los:

Verhütung per Handy: Apps wie „Natural Cycles“ sollen die Pille ersetzen […] Smartphone statt Kondom

Aha. Was denn nu? Beides, natürlich:

Mit neuartigen Verhütungs-Apps sollen Paare auf die Pille und auf Kondome verzichten können.

Cool.- Wait…

Das Prinzip ist einfach: Zeigt die App auf Grün, bedeutet das: Sex ohne Verhütung steht nichts im Wege. Zeigt die App rot, kann die Frau schwanger werden und das Paar sollte zusätzlich verhüten.

Wie genial. Wenn man kein Kondom braucht, kann man also darauf verzichten, und wenn man eins bräuchte, soll man eins nehmen? Kann mir jemand „Mit neuartigen Verhütungs-Apps sollen Paare auf […] Kondome verzichten können“ bitte nochmal erklären?

Vergleichen wir mal.

Ohne App Mit App
Eine/r von beiden besorgt (jedes Mal) ein Kondom. Frau besorgt sich ein (nicht unbedingt billiges) Smartphone und eine (kostenpflichtige) App (die soll es dann ja auch auf Rezept geben können, also muss sie vorher noch zum Arzt).
Frau muss jeden Morgen ihre Temperatur messen und diese in die App eintragen.
Frau muss eine regelmäßige Lebensweise pflegen.*
Frau darf keinen Alkohol trinken.
Frau muss immer zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen.**
Frau sollte weder verreisen noch Stress haben.***
Frau sollte (für die „roten“ Tage) immer Kondome griffbereit haben oder zusätzlich die Pille nehmen.****

* „Laut Bundesverband der Frauenärzte sind Verhütungscomputer und -Apps nur für Frauen geeignet, die eine sehr regelmäßige Lebensführung sowie einen regelmäßigen Zyklus haben.“
** „Die Hersteller haben einige Störungen zwar mit einbezogen und weisen darauf hin, dass eine Messung an Tagen, an denen die Frau geänderte Schlafzeiten oder Alkohol getrunken hat, keinen Sinn macht.“
*** „Die Körpertemperatur könne auch ohne Eisprung Schwankungen unterliegen. Die Körpertemperatur steige beim Ausschlafen, nach dem Sex, bei abendlichem Sport, auf Reisen oder unter Stress an.“
**** (Man kann die Pille nicht mal nehmen, mal nicht nehmen – sie wirkt zuverlässig nur, wenn sie durchgehend genommen wird.)

Leute, wenn ich das so lese – die einzige „Frau“, die das mit Sicherheit alles so perfekt hinbekommt, ist die Gummipuppe aus dem Sexshop. Aber die braucht die App nun mal nicht.

Der Brüller für die revolutionäre Verhütungsmethode, die Pille und Kondom schon bald ersetzen soll, kommt natürlich erst ganz unten – denn man muss natürlich wissen,

dass nur Paare, die im Zweifelsfall auch bereit für ein Kind wären, eine solche Verhütungsmethode anwenden.

Ich hatte „Verhütung“ bisher immer anders verstanden. Aber was weiß ich schon.

Freiheit sollte man aushalten können

Die römisch-katholische Kirche hat eine lange und beschämende Tradition, wenn es um Gesinnungsterror und die Verhinderung von Meinungsfreiheit geht, aber sie hat sich in der Neuzeit auch entwicklungsfähig gezeigt – mit dem Ergebnis, dass der durchschnittliche Katholik heutzutage nicht mehr zum Schwert greifen muss, wenn er einem Nichtkatholiken begegnet, und auch durchaus in der Lage ist, die Existenz anderer Weltanschauungen anzuerkennen und sich, kurz gesagt, um seinen eigenen Kram zu kümmern.
Heutzutage kommen die militanten Kreuzzügler eher aus dem Lager der extremen (sogenannten) „Linken“, wo man die Demolierung fremden Eigentums oder die „Umgestaltung“ (sprich: Demolierung) von Läden im Interesse der Bekämpfung „falscher“ Meinungen (der Inhaber) für legitim, ja sogar geboten hält. Warum erzähle ich das? Es gibt in Berlin eine Apotheke, deren Inhaber offen als Katholik auftritt, seine Offizin entsprechend mit Porträts des Staatsratsvorsitzenden Papstes und Kreuzen dekoriert und Verhütungsmittel (wie z.B. Kondome) nur sehr ungern – und wenn, dann mit der freundlichen Aufforderung versehen, doch lieber Kinder zu bekommen – vertreibt. Nun mag das nicht jedem gefallen, aber angesichts der ohnehin zu großen Apothekendichte in der Gegend ist ja auch niemand gezwungen, dahin zu gehen (und nebenbei geagt: aus berufsrechtlicher Sicht gab es gegen diese Apotheke noch nie Beanstandungen), was aber manche Moralwächter nicht davon abhält, handgreiflich zu werden:

Zum Weltfrauentag 2009 gab es deshalb erstmals eine Protest-Demonstration gegen ihn, zum Weltfrauentag im März 2010 ging seine Schaufensterscheibe zu Bruch, 2011 ein weiteres Mal. Zum zweiten Anschlag bekannte sich eine Protestgruppe im Internet. Man habe die Apotheke „umgestaltet“, dabei seien „einige Scheiben zu Bruch“ gegangen. Die Begründung: Die Apotheke vertrete ein verschärftes Bild einer patriarchalischen Gesellschaft.
Im März 2014 wurde das Schaufenster der Undine-Apotheke fast vollständig mit roter Farbe beschmiert. Auch hier riefen die Täter zur Teilnahme am „Frauenkampftag“ auf. Ein paar Monate darauf musste Kersten eine weitere Farbbeutelattacke verkraften. Auf der Website indymedia.org schrieben die selbst erklärten Täter aus der linken Szene: „Wer aus Gewissensgründen meint, Frauen das Recht auf Selbstbestimmung streitig machen zu müssen, darf sich nicht wundern, wenn er aus Gewissensgründen seinen Laden demoliert bekommt.“

So schreibt Apotheke adhoc gestern über den „Moral-Apotheker“ (Leute! Bitte! Der hat wenigstens noch eine…).
Meine Meinung? Wenn ich Kondome kaufen will, würde ich ohnehin nicht zu einer katholischen Apotheke gehen (sondern online einkaufen), und davon, anderen eine Meinung mit Gewalt aufzudrücken, halte ich schon mal gar nichts. Solange es eine Niederlassungsfreiheit für Apotheken gibt (das ist nicht in jedem Land so), spricht nichts dagegegen, dass man sich aussuchen kann, in eine katholische, islamische oder schwul/lesbische, in eine Familien oder Frauen-Apotheke (oder von mir aus auch in eine Apotheke für alte, weiße Männer) zu gehen, so wie man sich auch seinen Lebensmittelhändler frei wählen kann.
Die Undine-Apotheke schließt Ende September. Manche werden sich nun ins Fäustchen lachen, andere schadenfroh jubeln. Ich finde es einfach nur beschämend, dass man Menschen mit abweichenden Ansichten heutzutage in Deutschand so behandeln darf.
Ich suche mir meine Freunde jedenfalls nicht danach aus, ob sie Kondome mögen oder nicht.

Junge Frauen: wenig Kondombenutzung nach Absetzen der Pille

Unter der Überschrift „Young Women Often Don’t Resume Condom Use After Stopping Contraception“ meldete die Medical News Today am Wochenende in Auswertung einer an der Stanford University School of Medicine durchgeführten Studie mit 1194 jungen Frauen zwischen 15 und 24:

Researchers claim that when these young women stop taking their pills, they do not resume the use of condoms, which can result in the sexually transmitted infections, (STIs) and unwanted pregnancy.

Offenbsichtlich hatten sich die jungen Damen so an die Pille gewöhnt, dass ihnen die Kondombenutzung in der Zeit danach schwerer fiel als vor der Zeit, in der sie die Pille regelmäßig nahmen. Die Studie sieht hier deutlichen Nachholbedarf bei der Aufklärung über die Folgen ungeschützten Geschlechtsverkehrs.