Delikater Kondomunfall

Wenn ein Laster 23 Tonnen Ware geladen hat und einen Unfall baut, ist das normalerweise nicht mal einen Dreizeiler wert, wenn niemand zu Schaden kommt; aber wehe, es handelt sich um 23 Tonnen Kondome (!), dann wird es gleich zu einem Unfall der delikaten Art (Archiv-Version).
Erinnerte mich irgendwie spontan an Die Entgleisung.
Und nein, an 23 Tonnen Kondomen in Kartons auf 15 Paletten ist nichts Delikates. Auch nicht in Berlin. Auch wenn Ihr den Artikel hinter einer Paywall versteckt, als wäre es etwas Anzügliches.

Kondome zu ersteigern

Ab heute geht es hoch her – die Ausstellungsstücke des ehemaligen Beate-Uhse-Erotikmuseums in Berlin, vormals im Leineweberhaus an der Ecke Kantstraße/Joachimsthaler Straße, nahe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zwischen Kurfürstendamm und Bahnhof Zoo, gelegen, seit 2014 jedoch geschlossen (und das Gebäude abgerissen), werden (noch bis zum Wochenende) versteigert, um die Schulden des mittlerweile insolventen Unternehmens abtragen zu helfen. Zu ersteigern gibt es natürlich (würde ich das sonst hier erwähnen?) auch alte Kondome, aus Schafsdarm, kunstvoll bedruckt (was seitdem bis Anfang dieses Jahrtausends niemand mehr in dieser Art gemacht* hat), mit einem Startpreis von 500 Euro – zum Beispiels dieses schöne Stück hier oder jenes (siehe Abbildung rechts). Diese Auktion ist für Liebhaber sehr zu empfehlen; etwas Kleingeld sollte man aber, wie gesagt, schon mitbringen. Nicht nur wegen der Kondome 🙂

* Vor einigen Jahren begann das junge Label Made In Love mit der Produktion von mit Kunstwerken bedruckten Kondomen. Sehr sehenswert, wenngleich auch sehr teuer.)

Kondompflicht für Kondomdiebe?

Hurra, es gab wieder mal einen. Einen „Kondomdieb“, überschriftstechnisch „Mann“. Keine Ahnung, was einen Kondomdieb rein sachlich gesehen von einem Andere-Dinge-Dieb unterscheidet, aber es klickt sich natürlich besser. Hmnja. In Buckow – also Berlin-Buckow (Neukölln), nicht in der beschaulichen Kurstadt im Märkischen – und ganz klassisch tagsüber mit Griff ins Regal, Ladendetektiv und Verfolgungsjagd, berichtet die Morgenpost in ihrer Online-Ausgabe:

Der Ladendetektiv […] beobachtete den Mann, wie er die Packungen in einen Einkaufskorb packte, sie auf dem Weg zu Kasse in eine mitgebrachte Tasche legte und dann das Geschäft verließ, ohne zu bezahlen. Als der Ladendetektiv den mutmaßlichen Dieb aufforderte, mit ihm ins Büro zu gehen, stieß der Mann den Detektiv weg, so dass dieser in ein Weinregal fiel und mehrere Flaschen zu Bruch gingen. Bei der Flucht aus dem Laden rempelte er zudem eine 80-Jährige, so dass diese stürzte. Der Ladendetektiv verfolgte den Mann …

Nun ja. Ich bin ja dafür, solche Fälle ganz pragmatisch zu handhaben und für erwischte Kondomdiebe eine entsprechend lange Kondompflicht einzuführen – so sollte einigermaßen sichergestellt sein, dass sich das Kondomklau-Gen nicht vererbt. Die Kondome sind natürlich aus eigener Tasche zu bezahlen, und müssen in dem Laden gekauft werden, den man um selbige erleichtern wollte. Und zwar wöchentlich, in Kleinpackungen. Persönliches Erscheinen wäre natürlich Pflicht.
Ich bin mir noch nicht ganz schlüssig, wie man es in anders gelagerten Fällen handhaben sollte – wenn jemand, beispielsweise, einen kompletten Kondomautomaten aus der Wand reißt und mitnimmt, oder den Onlinehändler seines Vertrauens prellt, aber da fällt mir bestimmt noch was Passendes ein. Auf jeden Fall muss „Kondomdiebstahl“ als eigener Straftatbestand ins StGB, schließlich gibt es hier definitiv eine Strafbarkeitslücke.

Freiheit sollte man aushalten können

Die römisch-katholische Kirche hat eine lange und beschämende Tradition, wenn es um Gesinnungsterror und die Verhinderung von Meinungsfreiheit geht, aber sie hat sich in der Neuzeit auch entwicklungsfähig gezeigt – mit dem Ergebnis, dass der durchschnittliche Katholik heutzutage nicht mehr zum Schwert greifen muss, wenn er einem Nichtkatholiken begegnet, und auch durchaus in der Lage ist, die Existenz anderer Weltanschauungen anzuerkennen und sich, kurz gesagt, um seinen eigenen Kram zu kümmern.
Heutzutage kommen die militanten Kreuzzügler eher aus dem Lager der extremen (sogenannten) „Linken“, wo man die Demolierung fremden Eigentums oder die „Umgestaltung“ (sprich: Demolierung) von Läden im Interesse der Bekämpfung „falscher“ Meinungen (der Inhaber) für legitim, ja sogar geboten hält. Warum erzähle ich das? Es gibt in Berlin eine Apotheke, deren Inhaber offen als Katholik auftritt, seine Offizin entsprechend mit Porträts des Staatsratsvorsitzenden Papstes und Kreuzen dekoriert und Verhütungsmittel (wie z.B. Kondome) nur sehr ungern – und wenn, dann mit der freundlichen Aufforderung versehen, doch lieber Kinder zu bekommen – vertreibt. Nun mag das nicht jedem gefallen, aber angesichts der ohnehin zu großen Apothekendichte in der Gegend ist ja auch niemand gezwungen, dahin zu gehen (und nebenbei geagt: aus berufsrechtlicher Sicht gab es gegen diese Apotheke noch nie Beanstandungen), was aber manche Moralwächter nicht davon abhält, handgreiflich zu werden:

Zum Weltfrauentag 2009 gab es deshalb erstmals eine Protest-Demonstration gegen ihn, zum Weltfrauentag im März 2010 ging seine Schaufensterscheibe zu Bruch, 2011 ein weiteres Mal. Zum zweiten Anschlag bekannte sich eine Protestgruppe im Internet. Man habe die Apotheke „umgestaltet“, dabei seien „einige Scheiben zu Bruch“ gegangen. Die Begründung: Die Apotheke vertrete ein verschärftes Bild einer patriarchalischen Gesellschaft.
Im März 2014 wurde das Schaufenster der Undine-Apotheke fast vollständig mit roter Farbe beschmiert. Auch hier riefen die Täter zur Teilnahme am „Frauenkampftag“ auf. Ein paar Monate darauf musste Kersten eine weitere Farbbeutelattacke verkraften. Auf der Website indymedia.org schrieben die selbst erklärten Täter aus der linken Szene: „Wer aus Gewissensgründen meint, Frauen das Recht auf Selbstbestimmung streitig machen zu müssen, darf sich nicht wundern, wenn er aus Gewissensgründen seinen Laden demoliert bekommt.“

So schreibt Apotheke adhoc gestern über den „Moral-Apotheker“ (Leute! Bitte! Der hat wenigstens noch eine…).
Meine Meinung? Wenn ich Kondome kaufen will, würde ich ohnehin nicht zu einer katholischen Apotheke gehen (sondern online einkaufen), und davon, anderen eine Meinung mit Gewalt aufzudrücken, halte ich schon mal gar nichts. Solange es eine Niederlassungsfreiheit für Apotheken gibt (das ist nicht in jedem Land so), spricht nichts dagegegen, dass man sich aussuchen kann, in eine katholische, islamische oder schwul/lesbische, in eine Familien oder Frauen-Apotheke (oder von mir aus auch in eine Apotheke für alte, weiße Männer) zu gehen, so wie man sich auch seinen Lebensmittelhändler frei wählen kann.
Die Undine-Apotheke schließt Ende September. Manche werden sich nun ins Fäustchen lachen, andere schadenfroh jubeln. Ich finde es einfach nur beschämend, dass man Menschen mit abweichenden Ansichten heutzutage in Deutschand so behandeln darf.
Ich suche mir meine Freunde jedenfalls nicht danach aus, ob sie Kondome mögen oder nicht.