Göttingen: Geld für Pille, aber nicht für Kondome

„Die Stadt Göttingen zahlt jährlich aus einem Fonds knapp 13 500 Euro für Verhütungsmittel an Hilfsempfängerinnen aus“, meldete das Göttinger Tageblatt am 19. Januar.

Hilfsempfängerinnen ab 20 Jahren – bis dahin können Verhütungsmittel ärztlich verordnet werden – konnten nach der Einrichtung des Fonds die Übernahme der Kosten für Pille, Spirale oder Drei-Monats-Spritze bei der Stadt beantragen. Für die Linke regte Patrick Humke an, dass auch die Kosten für Kondome übernommen werden sollten, damit das Thema Verhütung nicht allein bei der Frau liege.

Jedoch: „Bisher würden Kondome nicht bezahlt“, sagte Sozialdezernentin Dagmar Schlapeit-Beck, „weil diese vergleichsweise billig seien“.
Liebe Frau Schlapeit-Beck, ich kann Ihnen gerne ein paar Websites aufzählen, wo Sie richtig schön teure Kondome bekommen können – vielleicht sind sie Ihnen ja dann gut genug für Ihre bedüftigen Göttinger?
(Früher war das mal so, dass generell nur preiswerte Sachen erstattet, bezahlt oder gefördert wurden, wenn es um staatliche oder kommunale Hilfen ging; die teuren waren für die, die es sich leisten konnten. Aber vielleicht ist ja auch hier alles im Wandel – nur das Beste für Armen; sollen doch die Reichen den Billigkrempel nehmen…)

Sammelt Altkondome!

Da die geltenden Hartz-IV-Sätze wohl nicht genügend Spielraum für Kondome lassen (ich berichtete), sind einige Kommunen jetzt dazu übergegangen, im Rahmen der bis 1. April andauernden Initiative „Wie beschäftige ich Hartzer am sinnlosesten“ Langzeitarbeitslose zum Sammeln von Kondomen in öffentlichen Parks und Einrichtungen abzustellen. In mehreren, jeweils 2 Stunden dauernden Schichten sollen so zuerst alle noch benutzbaren Gummis gesammelt, gereinigt, auf Löcher geprüft und wieder aufgerollt werden. Diese Maßnahmen werden durch einschlägig bekannte Firmen aus dem Bereich der „Hartz-IV-Industrie“ (lesenswert: Heft 1/2011 des SPIEGEL) koordiniert und ausgewertet; anschließend werden Bewegungsprofile der Benutzer, beliebteste Quickie-Ecken und eine Markenübersicht erstellt.

Die erfolgreichsten Sammler erhalten ein original versiegeltes echtes garantiert unbenutztes Gratis-Kondom einer namhaften chinesischen Firma, die auf diese Weise preiswert die Zuverlässigkeit ihrer Produkte testen kann, bevor sie unter einem hiesigen Markennamen an Nicht-Hartzer verkauft werden; der Startpreis pro Dreierpackung liegt dem Vernehmen nach bei ca. 9 Euro.
Die aufbereiteten Kondome werden je nach Güteklasse verteilt, verkauft (die US-Amerikanische Firma „Surfrider“ hat mit einschlägigen Erfahrungen die Logistik entwickelt, siehe Abbildung) oder zu Autoreifen verarbeitet; die gesammelten Spermaproben werden anschließend datengeschützt gespeichert und nach Bestimmung der Risikofaktoren und einer Reihe Gentests auf dem freien Markt zur Selbstinfusion verkauft.

Kostenlose „unsichere“ Kondome für Hartz-IV-Bezieher?

Die „Nürnberger Nachrichten“ meldeten zum Jahresende, dass Sozialverbände in Bayern für Hartz-IV-Bezieher kostenfreie Antibabypillen, Kondome und Spiralen zum Schutz vor ungewollten Schwangerschaften fordern. Diese Forderungen sind nichts Neues, auch Gerichtsverfahren gab es diesbezüglich schon – bisher wurden derartige Forderungen allerdings immer abschlägig beschieden.
Die in dem Beitrag der NN befragte Geschäftsführerin der pro familia in Bayern, Birgit Echtler, beklagte den geringen Betrag von nur 15 Euro für Gesundheitspflege (inkl. Verhütung) im Hartz-IV-Regelsatz und sagte:

Von dem Betrag kann man sichere Verhütungsmittel nicht bezahlen. (…) Anti-Babypillen kosten den Angaben nach monatlich 6 bis 18 Euro. Eine Spirale hält zwar jahrelang, dafür müssen aber mehrere hundert Euro hingeblättert werden. Paare verzichteten daher ganz auf die Verhütung oder stiegen auf unsichere Mittel wie Kondome um.

Aber hallo, Frau Echtler! Entweder haben Sie hier groben Unfug geredet, oder die Zeitung hat Sie falsch zitiert. Darf ich Sie an die Aussagen Ihrer eigenen Organisation zum Thema „Kondome“ erinnern?

Kondome sind eigentlich eine tolle Sache, denn sie haben keine Nebenwirkungen, sind eine Möglichkeit für die Herren, die Verhütung in die Hand zu nehmen, schützen vor Krankheiten, sind relativ billig und fast überall zu haben.

Wie ich in diesem Blog schon mehrfach geschrieben habe, gibt es preiswerte Kondome im Onlinehandel satt; eine Hunderterpackung für 15 Euro beispielsweise reicht bei einem sexuell aktiven Paar zwischen einem halben und einem Jahr, das wären also 1,25 bis 2,50 Euro pro Monat; und die kann man(n) auch als Hartz-IV-Bezieher erübrigen. Der Gesundheits-Anteil des Regelsatzes beträgt für Erwachsene derzeit genau 15,55 Euro, für ein Paar in Bedarfsgemeinschaft also zusammen 31,10 Euro; 2,50 Euro für Familienplanung entspräche davon also ca. 8% bzw. weniger als ein halbes Prozent des gesamten Regelsatzes (immer vorausgesetzt, beide Partner beziehen Unterstützung).

Die ständigen Forderungen der Gutmenschenorganisationen, der Staat möge gefälligst jeden Pups bezahlen, sind schlicht und einfach dermaßen realitätsfern, dass man eigentlich nur noch den Kopf schütteln kann. „Menschenrecht auf selbstbestimmte Familienplanung“ meinte ursprünglich mit Sicherheit nicht, dass man Beziehern staatlicher Unterstützung nun auch noch das Aufpassen abnehmen muss. (Natürlich könnte man derartige Forderungen auch so interpretieren, dass der Staat den „Bodensatz der Gesellschaft“ doch gefälligst daran hindern solle, sich fortzupflanzen; aber das will ich ja niemandem unterstellen, nicht wahr?)