Mal mir mal einen!

Irgendwie hatte ich schon immer das unbestimmte Gefühl, dass Kondome zu weitaus mehr zu gebrauchen sind als nur zum anlassbezogenen Verkleiden männlicher Geschlechtsorgane oder weiblicher Selbstbefriedigungswerkzeuge (und nein, an Pistolen, wie gestern geschrieben, dachte ich dabei definitiv nicht).
Heute fand ich nun den Beweis.
Kondome sind ein Künstlerwerkzeug. Insbesondere natürlich, wenn es sich um koschere Kondome (also solche mit mit Löchern) handelt. Kondome bieten dem experimentierfreudigen Künstler, wenn man sie richtig behandelt und mit der passenden Flüssigkeit füllt, also ein „sinnliches Vergnügen“:

Eigentlich fühlen sich die Dinger noch ganz brauchbar und feucht an. Wie auch immer, ich rolle sie auf, fülle sie mit Farbe und ein wenig Wasser. Mit einer Nadel steche ich ein paar Löcher in die Spitze. Das geht gar nicht so einfach. Eine glitschige Sache. Und die Kondome sind hartnäckiger als man denkt. Ja, und nun kann es los gehen. Mit der farbigen Sauerei.

Was dabei rauskommt, kann man bei Bluesanne im Blog „Fisch+Fleisch“ nachlesen. Ein Video gibts natürlich auch dazu. Wer mehr über Bluesanne erfahren möchte, findet reichlich Lesestoff (und Kunst) unter Bluesanne.at. Viel Spaß 🙂

Erektion wird mitgeliefert

package-3dIch hatte im Jahre 2011 zum letzten Male von dem immer und immer wieder angekündigten Wunderkondom berichtet, das dank einer innen angebrachten Spezialbeschichtung mit dem Codenamen „CSD500“ gleich für die zum Kondom passende Erektion sorgen sollte. So schreibt die Wikipedia:

A 2007 medical development includes a small amount of nitroglycerin (trademark as Zanifil Gel) in the tip of a new Durex condom to stimulate erection during intercourse. The manufacturer says „The CSD500 condom contains a chemical in its teat, called glyceryl trinitrate (GTN), which is absorbed by the skin and causes blood vessels to dilate.“ Jokes were made about dynamite, and the company standing proud.

Nun scheint es in der Tat soweit zu sein (Tusch!) … zumindest in Holland kann man offensichtich das mit Zanifil beschichtete Kondom unter dem Namen „Blue Diamond“ erwerben. Durex – die das angeblich eigentlich vermarkten sollten/wollten(?) – ist offensichtlich nicht mit von der Partie; was nicht verwundert, denn seit der Übernahme der Marke duch den amerikanischen RB-Konzern lässt die Innovationskraft dieser Marke deutlich nach (im Gegensatz zu ihren Preisen, die ständig nur nach oben geschraubt werden – manchmal so hoch, dass manche Händler Durex schon auslisten).

Blue diamond™ condoms contain Zanifil® , a unique and patented gel, in the teat of the condom. Zanifil® penetrates the skin and works to maximize hardness through stimulating blood flow within the penis. The active ingredient in the Zanifil® gel is Glyceryl Trinitrate 1% which is a well-tolerated vasodilator, commonly used where increased blood circulation is required. This can help prevent loss or partial loss of erection sometimes caused by the loss of sensitivity when wearing a condom.

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Kondome als AIDS-Killer?

Seit dem Sommer machen wieder einmal ein paar Sensationsmeldungen die Runde – Neues Kondom killt Krankheitserreger heißt es da oder First condom designed to kill HIV und dergleichen mehr.
Worum geht es? Natürlich (wie zu erwarten) weniger um ein Kondom, dass per se ja AIDS-Viren höchstens erwürgen könnte, sondern um eine mikrobielle Beschichtung namens VivaGel®, entwickelt und hergestellt von der Fa. Starpharma:

VivaGel® (SPL7013, or astodrimer sodium) has been shown in laboratory studies to inactivate up to 99.9% of viruses, including HIV, the herpes virus (HSV), and the human papillomavirus (HPV), and has been shown in various laboratory-based disease models to inhibit infection with these viruses. VivaGel® has also been shown to have antibacterial effects.

LifeStyles Dualprotect by AnsellNun ist natürlich, wie immer, nicht alles Gold, was glänzt – denn andere Untersuchungen zeigen, dass dieser Superkiller wohl auch (noch?) ein paar Nebenwirkungen mit sich bringt. So veröffentlichte die Huffington Post bereits im Juli einen Artikel, in dem es heißt:

Dr. Anna-Barbara Moscicki, a pediatrics professor at University of California, San Francisco and an HPV expert, advises caution. She researched VivaGel as an intravaginal cream for women who wanted to protect themselves from viruses without using a condom, and found that it caused mild irritation and low-grade inflammation in study participants after two weeks of twice-daily use.

Wie auch immer – das mit Vivagel beschichtete Kondom soll zuerst in Australien unter dem Namen „LifeStyles Dual Protect“ auf den Markt kommen, und zwar, wie uns seit Monaten versprochen wird, „in Kürze“. Damit ist auch klar, welches Unternehmen sich dadurch Gewinne verspricht – „LifeStyles“ ist eine Marke des Ansell-Konzerns (Manix, Mates, Condomi, Skyn…). Aber auch Ansell hat noch keine Marktzulassung für dieses Produkt – das Schachteldesign (siehe nebenstehend) ist natürlich schon fertig. Wenigstens etwas 🙂

Deutsche Kondome

„Deutsch“ ist ein Adjektiv, das seit längerem und in inflationärem Maßstab an alles und jedes angehängt wird. Dabei bezieht es sich ursprünglich lediglich auf Menschen und bezeichnet deren Zugehörigkeit zu einer sich über eine gemeinsame Sprache und Kultur definierenden Gruppe.
Heute können sogar Kondome deutsch sein. Angeblich. So deutsch jedenfalls, dass man sich vor Gericht darüber streiten muss, weil dem einen die Kondome nicht deutsch genug sind, während sie dem anderen zufolge ausreichend deutsch sind, um deutsch genannt zu werden. Ein seltsames Land, dieses Deutschland.
„Made in Germany“ war ursprünglich eine zweifelhafte Zwangsauszeichnung, mit der sich die Briten vor minderwertiger Importware aus Deutschland schützen wollten – heute kloppt man sich vor Gericht darum, diese Bezeichnung verwenden zu dürfen.
Latexkondome bestehen aus einem Material (Latex, vulgo: Gummi), das aus Latexmilch hergestellt wird, die von einer Pflanze stammt, die in Deutschland weder natürlich vorkommt noch angebaut werden kann, nämlich der Latexpalme (auch als Gummibaum bekannt, wenngleich nicht mit dem bürgerlichen Amtsstubengummibaum zu verwechseln, aus dem man keine Kondome machen kann). Das gesamte Rohmaterial (mit Ausnahme, vielleicht, einiger Prozesschemikalien, aber das erfährt man ohnehin nicht) kann also schon mal nicht „deutsch“ sein. Sehr viele Produzenten nutzen allerdings Technik deutscher Firmen bei der Produktion von Kondomen – auch das macht die Kondome allerding keinen Deut deutscher als sie ohnehin nicht sind. Hm.
Wenn man den Ausführungen des Gerichts nun folgt, dann ist der wesentliche Produktionsschritt, der die Deutschheit eines Kondoms definiert, die Herstellung des Rohlings, die in einer auf deutschem Boden befindlichen Produktionsstätte erfolgen muss. Kommen die Rohlinge nämlich aus dem Ausland, darf das Kondom nicht mehr deutsch sein. Nun ja. Im Ganzen spricht das für eine ziemlich nach Bilderbuchwissen geformt Entscheidung, denn das Tauchen eines Glaskolbens in aufbereitete Latexmilchlösung lässt zum ersten Mal das Endprodukt „Kondom“ erahnen, also muss genau das der wesentliche Produktionsschritt sein, der in Deutschland zu erfolgen hat, damit die Endprodukte dann ausreichend deutsch sind – unabhängig davon, dass dies nur einer von vielen Produktionsschritten ist.

Was also macht Kondome deutsch? Es ist also weder das Material noch die Technik, auch nicht die Technologie bzw. das Produktionsverfahren, es ist nicht die Nationalität der produzierenden Angestellten, es ist auch nicht die Eigentümerschaft der Hersteller (dann wären Beiersdorf-Kondome ja deutsch, Billy Boy französisch und Durex amerikanisch), nein, all das ist unwesentlich. Die Tauchstation muss in Deutschland stehen.

Das Ganze ist irgendwie genau so skurril wie ein Streit von T-Shirt-Produzenten darüber, ob das Einnähen eines in Polen gedruckten Schildchens mit Waschhinweisen in das in China genähte, aus ägyptischer Baumwolle in Indien vorverarbeitete und über die französische Tochter eines amerikanischen Konzerns importierte und dann in einem vietnamesischen Laden im Türkenviertel an australische Touristen verkaufte T-Shirt selbiges zu einem deutschen Produkt macht, wenn es in Deutschland stattfindet…

Ich persönlich bevorzuge ja Kondome, die dort hergestellt werden, wo das Rohmaterial herkommt (wenn es geht, auch gerne nachhaltig produziert und fair gehandelt), denn die qualitätsentscheidende Komponente ist das Rohmaterial und seine Verarbeitung, nicht der Standort der Tauchstraße. Und das gilt eigentlich für eine ganze Menge Dinge, nicht nur für Kondome.

Also: macht nur weiter. Nächste Station: Bundesgerichtshof. Popcorn!