Kontroversen, Künstler und Kondomfabriken

In der Thüringer Landeszeitung („tlz“) ist man über den Unterscheid zwischen einem Verwaltungsgebäude und einer Fabrikhalle wohl nicht so ganz im Bilde – oder (aber das will ich natürlich nicht unterstellen) man tut absichtlich so, als sei das ein und dasselbe. Kontroverser Erfurter Künstler arbeitet in Kondomfabrik heißt es da schon im Titel, und diese un-glaub-liche Tatsache (die ja gar keine ist, den er arbeitet im Verwaltungsgebäude, aber egal) macht den Künstler Ronald Neumeister zu einem „kontroversen“ Künstler – wobei hier anscheinend „kontrovers“ nur benutzt wurde, weil es so schon zu „Kondomfabrik“ und „Künstler“ passt, auch wenn es sich eher um einen Auftragsmaler handelt, denn „er erfüllte jeden noch so absurden Wunsch. Vom Kapitänsbildnis bis zu heroischen Schlachten reichte das Spektrum, das er seinen Auftraggebern auch heute noch offenhält.“ Nun ja, als Inhaber einer Werbeagentur weiß er zumindest, wie man an Kundschaft kommt – es sei ihm gegönnt. Vielleicht nützt es ja mal was.

Dass er zu einem der gefragtesten Künstler in Erfurt wurde, sorgte später die Parteileitung des Kombinates Mikroelektronik, die sich mit seinem Stil nicht mehr einverstanden erklärte und ihn nötigte, eine Kündigung zu unterschreiben. Danach wollte die halbe Stadt Bilder mit seinem Kürzel. „Ich habe gemalt, bis mir die Sehnenscheide entzündete…“.

Äh… ja. OK. So muss das wohl funktioniert haben im Sozialismus. Ihr werdet es schon wissen, liebe Redakteure.
Aber das Beste ist dieser Satz (über die Stadt Eisleben, Kreis Mansfelder Land): „ jeder Mensch dort sei ein Modell, vom Leben geprägt, echt und fotogen„. Wow. Wom Leben geprägte Echtmenschen, mitten in Eisleben. Hallelujah.

Condomi: Keine Produktion mehr in Erfurt

Wie die Thüringer Allgemeine vorgestern berichtete, hat das Erfurter Werk der Traditionsmarke Condomi die Produktion von Kondomen zum Jahresende 2010 eingestellt.

Nach Informationen eines Gewerkschaftssprechers der IG Bergbau, Chemie und Energie in Mittelthüringen sei die erst 2001/2002 gebaute modernste Produktionsanlage „nie hundertprozentig ausgelastet“ gewesen. Von den Ende 2010 Beschäftigten rund 100 Mitarbeitern sind nur noch 60 übrig geblieben. Die fertigen Kondome werden aus Südostasien angeliefert. Das Aus für den Erfurter Komplett-Produktionsstandort sei vor allem auf die gestiegenen Kautschuk- und Energie-Preise zurückzuführen.

Ich vermute mal, der größte Fehler für Condomi war der Ausverkauf an den britisch/amerikanischen Riesenkonzern Ansell im Jahre 2007. Seither hat die Marke sichtlich an Marktanteil verloren und läuft bald nur noch als Exot im Laden mit – somit ist das Ende dieser über 80jährigen Produktionsstätte, der „ältesten Kondomfabrik Deutschlands“, (leider) schon absehbar. Einen interessanten Überblick über die wechselvolle Geschichte der Marke bietet Wikipedia.