The Zombie Condom

Ein Zombie ist je bekanntlich ein Toter, der sich einfach weigert, richtig tot zu sein oder zu bleiben, und den Lebenden immer mal wieder in die Quere kommt. Auch unter den Kondomen gibt es solche Zombies – sie geistern ungehindert durchs Netz, aber man kann ihrer nicht habhaft werden oder sie endgültig beerdigen.
Ein solcher condom zombie ist das famose Spray-Kondom des Singener Kondomhändlers Krause (ein anderer ist CSD500, siehe hier). Angeblich schon seit drei Jahren „auf dem Markt“, hat es doch noch niemand je in der Hand gehabt, geschweige denn benutzen können – trotzdem erscheinen immer wieder Texte über diese tolle Erfindung, bei deren Lektüre es scheint, als wäre man der einzoige Depp, dem es noch nie gelungen sei, ein Spraykondom zu ergattern.

Die neuste Erindung in Sachen Verhütung ist das Kondom zum Aufsprühen, das perfekten Tragekomfort für den Mann sowie optimalen Schutz beim Geschlechtsverkehr verspricht
Wer kennt das nicht? Es gibt immer wieder neue Erfindungen, mit den man aber nicht auf Anhieb klar kommt. So ist es bei vielen auch mit dem Kondom zum Aufsprühen. Etwas Neues, was neugierg macht, jedoch auf den ersten Blick nicht so einfach zu handhaben ist. Deswegen gibt es im Folgenden eine Anleitung, die erklärt, wie man am besten ein Kondom zum Aufsprühen verwendet. (…) Diese Erfindung gibt es zudem in verschiedenen Stärken, Farben und Geruchssorten. Man kann es sich beispielsweise in gelb, grün, rot oder transparent kaufen.

An dieser Stelle habe ich in dem ungemein hifreichen Artikel auf Hilfreich.de einen hilfreichen Link zu einer Einkaufsmöglichkeit vermisst. Denn: Über Sachen zu sprechen, die es allenfalls als Idee gibt, ist ja nichts Neues – aber Sachen kaufen zu können, die noch nicht einmal hergestellt sind – das wäre doch echt toll.
Davon abgesehen: wenn man die Sprayprozedur so wie angegeben vollzieht, kann man ziemlich sicher sein, dass Erektion und Stimmung schneller verschwinden als je zuvor.

Wenn der Penis sich bereits im erigierten Zustand befindet, wird er mit dem flüssigen Latex besprüht. Dieses verwandelt sich binnen Sekunden in Gummi, das dem Geschlechtsorgan perfekt angepasst ist.
Um den Verlust von Flüssigkeit sowie ein nicht gleichmäßiges Besprühen des Geschlechtsteils zu vermeiden, soll der Penis in eine Sprühkammer eingeführt werden. Dabei handelt es sich um eine zylinderartige Dose, die innen hohl und mit 30 kleinen Sprühkappen besetzt ist. Dort wird das Latex per Knopfdruck in kurzer Zeit auf den Penis gleichmäßig aufgesprüht und wird ganz schnell fest und elastisch.
Der Erfinder Jan Vinzent verspricht sogar, dass die Verhärtung des Latex bloß sechs Sekunden dauert.

The Cruel Condom

The Cruel Condom © Scott Paul DesignsEs gibt Sachen, die gibts gar nicht. Gestern fand ich im Netz ein gar altmodisches Kondom – gestrickt wie ein ritterliches Kettenhemd, ein full metal jacket sozusagen, komplett mit Ritter-Sporn on top.

The Cruel Condom is a metallic sheath with hundreds of tiny metal hoops, not quite smooth but also not quite sharp. The Cruel Condom can be played with gently and offer an edgy, slightly painful sensation or it can be squeezed and stroked for more sadistic cock torture. The metal mesh transmits electricity, and will easily stretch or squeeze down to accommodate different sizes. The finish is rust resistant and washes easily.

Das Teil gibt es übrigens (wenngleich zum doppelten Preis) auch in Deutschland zu kaufen, nämlich im Diburnium Store in München. Der bei einem Kondom sonst übliche und erwünschte Verhütungseffekt tritt hier entweder gar nicht ein – oder aber schon vorher beim Anblick dieses Folterinstruments.

Sieben Fakten über Kondome? Sieben mal Halbwissen!

Das ist, so scheint es, wieder einmal typisch T-Online: „Sieben Fakten über Kondome“ verspricht ein Artikel aus dem Lifestyle-Portal – aber was da geliefert wird, ist eine krude Mischung aus wiedergekäuten Pressemitteilungen und (vermutlich) Wikipedia-Schwarmintelligenz, die offenbar in kürzester Zeit zu einem „redaktionellen Beitrag“ verwurstet wurde, der es (wahrscheinlich mangels eigenen Beitrags) nicht einmal zu einer namentlichen Verfasserkennzeichnung gebracht hat. Mit Journalismus hat das Ganze jedenfalls nichts zu tun.

Warum rege ich mich eigentlich auf? Schauen wir uns doch einmal ein paar der genannten „Fakten“ an.

„In Deutschland unterstehen Kondome dem Gütesiegel der Deutschen Latex-Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaft (DLF)“, schreibt der Autor in seinem Teaser. Abgesehen von der gar seltsamen Formulierung (wie untersteht man einem Siegel?) ist nicht nur der Name falsch (die DLF ist die „Deutsche Latex-Forschungsgemeinschaft Kondome e.V.„), sondern auch die implizierte Behauptung, deren Siegel müsse in Deutschland zwangsweise auf Kondomen verwendet werden. Dies ist nicht der Fall.

„Eine ungewollte Schwangerschaft lässt sich mit einem richtig angewendeten Pariser relativ gut vermeiden. Kondome haben einen Pear-Index von zwei bis zwölf. Allerdings sind sie weniger sicher als die Pille. Zum Vergleich: Sie hat einen Pearl-Index von 0,1.“ Ja, es ist schon schwer, so komplizierte Dinge zu begreifen. Abgesehen davon, dass es keinen Pear-Index gibt (es sei denn für Birnen), sollte man wissen, dass es im Pearl-Index zwei verschiedene Wertetabellen gibt: einmal die Typical-use failure rate, andererseits die Perfect-use failure rate. Erstere bezieht Anwendungsfehler, falsche Anwendung, Vergesslichkeit etc. mit ein (bei Kondomen auch die Verwendung überlagerter und beschädigter Ware), zweitere schließt Anwenderfehler aus. Bei typical use gibt es bei Kondomen 15%, bei perfect use sind es nur noch 2%; die Pille kommt auf 8% bzw. 0.3%.

So. Kommen wir jetzt zu den „Sieben Fakten über Kondome„:

  1. „Kondome bestehen aus vulkanisiertem Kautschuk.“ Stimmt – zumindest für die Kondome, auf die das zutrifft. Kondome aus Poyurethan, Poyisopren, Kunstahrzderivaten und Naturdarm scheint der Verfasser nicht zu kennen.
  2. „Das Material, aus dem Kondome gemacht sind, ist sehr empfindlich und kann bei falscher Lagerung brüchig werden oder reißen.“ Stimmt auch – im Prinzip. Falsche Lagerung führt nur nicht zum „Reißen“, und „brüchig“ ist wohl nicht ganz der richtige Ausdruck. Latex-Kondome (siehe hierüber Punkt 1) verlieren ihre Elastizität. Die angesprochene „Lagerung“ in der Hosentasche ist an und für sich ungefährlich; Sonneneinstrahlung und stark wechselnde Temperaturen sind gefährlicher. Statistisch gesehen geschehen aber die meisten Beschädigungen schlicht durch falsches Auspacken.
  3. „In der Regel können Kondome vier bis fünf Jahre gebraucht werden.“ Meiner bescheidenen Meinung nach sollte man Kondome nur ein einziges Mal verwenden .
  4. „Wer auf Nummer sicher gehen will, bewahrt seine Kondome im Kühlschrank auf.“ Na klar. Warum nicht gleich tiefgekühlt….
  5. „Achten Sie also darauf, ob L nicht passender wäre als XXL.“ Die Länge ist relativ unerheblich, die Breite ist entscheidend für den richtigen Sitz.
  6. „Es gibt auch Kondome für Frauen, die besonders in den USA verbreitet sind und vor HIV schützen sollen.“ So, „sollen“ sie. Warum diese zweifelnde Formulierung? Und warum „besonders in den USA“? Die gibts hierzulande auch. Und hier sind die Pearl-Index-Werte: typical use 21%, perfect use 5%.

(Doch, ich kann zählen. Einer der sieben Fakten war nicht zu beanstanden: „Wer sich nicht sicher ist, welche Größe passt, sollte im Zweifelsfall kleinere Kondome nehmen.“)

Tja, und sonst? Der Verfasser hat sich sichtlich bemüht, bei seiner Arbeit ein Synonymwörterbuch zu verwenden, und alle dort enthaltenen Bezeichnungen für „Kondom“ gleichmäßig in seinen Textschnipseln verteilt; das führt dann zu absurden Wortschöpfungen wie „Lümmeltüten für Frauen“ – die es nun wirklich nicht gibt, denn Frauen haben alles mögliche, aber gewiss keinen „Lümmel“, für den sie eine Tüte bräuchten.

Immer mehr Jugendliche und Erwachsene schützen sich mit dem Kondom

Diese Pressemiteilung anlässlich des Deutsch-Österreichischen Aids-Kongresses (15.-18. Juni 2011, Hannover) spricht für sich:

Seit Beginn der Aidsaufklärung in Deutschland führt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) jedes Jahr die Repräsentativerhebung „Aids im öffentlichen Bewusstsein“ durch. Die Studie erhebt Daten zu Wissen, Einstellungen und Schutzverhalten der Menschen in Deutschland und erfasst, ob die Botschaften der BZgA-Kampagne GIB AIDS KEINE CHANCE in der Bevölkerung ankommen. Im Vorfeld des Deutsch-Österreichischen Aids-Kongresses (DÖAK), der vom 15. bis 18. Juni 2011 in Hannover stattfindet, veröffentlicht die BZgA die neuesten Ergebnisse.

Danach hat sich die Nutzung von Kondomen immer stärker in der Bevölkerung etabliert. Inzwischen schützen sich 87 Prozent der 16- bis 44-Jährigen zu Beginn neuer Partnerschaften mit einem Kondom. Mitte der 90er Jahre waren es noch 65 Prozent. Auch die Kondomnutzung bei Befragten mit sexuellen Risikokontakten ist weiter gestiegen. 86 Prozent der 16- bis 65-Jährigen mit mehreren Sexualpartnerinnen oder -partnern im vergangenen Jahr geben an, Kondome zu verwenden – ein neuer Höchststand. Dass Aidsprävention wirkt, zeigt sich auch an der deutlich rückläufigen Zahl derer in dieser Gruppe, die keine Kondome benutzen. Ende der 80er Jahre gab dies knapp die Hälfte (46 Prozent) der 16- bis 65-Jährigen mit wechselnden Sexualpartnerinnen oder -partnern an, heute sind es noch 14 Prozent.

„Unsere Studie zeigt, dass es in Deutschland keine wachsende Nachlässigkeit beim Schutz vor HIV/Aids gibt. Immer mehr Jugendliche und Erwachsene schützen sich mit dem Kondom“, erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. „Auch 30 Jahre nachdem das Krankheitsbild Aids erstmals beschrieben wurde, ist Prävention das Mittel der Wahl, um einer weiteren Ausbreitung der HIV/Aids-Epidemie vorzubeugen. Um in der Aidsprävention auch zukünftig erfolgreich zu sein, entwickeln wir unsere Kampagne stets weiter. Wie wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahre zeigen, können sexuell übertragbare Infektionen wie Syphilis oder Tripper das Risiko für eine Ansteckung mit HIV erhöhen. Deshalb spielt dieses Thema auch in unserer Kampagnenarbeit eine immer größere Rolle.“

Na also: es geht doch. (Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)