Kondomwürfe

Kondome richtig zu werfen, ist gar nicht so einfach. Ganze Schachtel? Kein Problem. Einzelne Siegelfolie? Mit 50% Zielabweichung, sicher, aber immerhin. Aber Kondome, aufgeblasen? Versucht es mal – die machen sich sowas von selbständig… na ja, egal. Einige unseren südlichen Nachbarn (ja, ich meine die Bayern) fanden jedenfalls, dass das Bewerfen von Demonstranten mit Kondomen eine wirksame Gegendemo darstellt. Das fand offenbar die Polizei auch – das Gefahrenpotenzial bei Verletzungen durch herumfliegende Kondome wird offenbar von uns immer wieder unterschätzt:

In Freiburg demonstrierten Anhänger der katholischen Piusbrüderschaft vor der Geschäftsstelle von ProFamilia, die unter anderem Beratung bei Schwangerschaftsabbruch anbietet (…) Die Gegendemonstranten bewarfen die rund 120 Teilnehmer der Demonstration mit aufgeblasenen Kondomen. Die radikalen Katholiken musste von einem starken Polizeiaufgebot geschützt werden.

Ja, so stand es letzte Woche bei GayÖsterreich.at. Ich weiß nun nur nicht, ob das „starke Polizeiaufgebot“ die armen Extremkatholiken wirksam vor dem Kondomhagel schützen konnte, oder ob die Demonstration dann vielleicht als erotische Gruppen-Freilicht-Veranstaltung endete, angesichts dieser eindeutigen Angebote seitens der Gegendemonstranten…

„Existentielle Schritte in die human-kreatürliche Entfremdung“

Mein katholisches Lieblingsportal, „kreuz.net“, ist eine immerwährende Quelle der Erbauung – zumindest für mich als Blogger mit dem dortigen Hass-Thema Kondome. So, wie manche Autoren dort über diese simple Verhütungsmethode herziehen, mag man meinen, ihnen ist irgendwann innerlich ein Kondom geplatzt. Wie ich da also kürzlich so blätterte, fiel mir ein Artikel vom letzten Herbst wieder ein; unter der Überschrift „Ein Wahnsinn kommt selten alleine“ schrieb die Redaktion:

Kondome sind ekelige Dinger und ein existentieller Schritt in die human-kreatürliche Entfremdung. Das weiß jeder.
„Daß Kondome eine eklige Angelegenheit sind, in erotischer, ästhetischer, taktiler, kulinarischer oder welcher Hinsicht auch immer, muß nicht vertieft werden.“ Das erklärte der deutsche Vatikanist Paul Badde am 25. November in einem Artikel auf der Webseite ‘theeuropean.de’.

Dass sich die kreuz.net-Redakteure auf diesen Artikel stürzen wie die Geier aufs tote Fleisch, ist verständlich – nur merken sie leider nicht, dass es Badde in seinem durchaus satirisch angehauchten Artikel gar nicht primär darum geht, das Kondom als Verhütungsmethode per se schlecht zu machen, sondern darum, dass den Journalisten ständig das Thema „Papst und Kondome“ wichtiger scheint als der Zustand der Welt.

Auch die Gesellschaft stecke in einer Krise. Wer wisse das nicht? Nun müsse aber auch endlich einmal von der Krise des Journalismus gesprochen werden, wenn die Welt am Abgrund stehe, der Papst wie nie zuvor dazu Auskunft gebe – und seine Kollegen ihn dennoch immer nur neu danach fragten, wie er es mit dem Kondom halte.

Andere Leute zu instrumentalisieren schein so einfach, liebe kreuz.net-ler; zu dumm nur, wenn der Leser lesen und denken kann…

Kreuz.net: „Homo-Lustseuche Aids“ und Gummipackungen für Geschlechtsorgane

Nur, damit wir uns gleich richtig verstehen: Ich habe nichts gegen Katholiken. Mein Schwiegervater ist katholisch, meine Frau evangelisch, ich selbst bin Atheist, und wir leben gut von diesem teilweise sehr spannenden Gesprächsstoff namens Religion. Der Katholizismus treibt jedoch manchmal, vorsichtig ausgedrückt, etwas seltsame Blüten, so beispielsweise hin und wieder im „katholischen Nachrichtenmagazin“ KREUZ.NET:

Ein Greuel in Gottes Angesicht: Seit Jahren veranstaltet die Erzdiözese in London Sodom-und-Gomorra-Messen. Es gibt zwar dagegen einen katholischen Widerstand. Aber Rom steht auf der Seite der Warmen. (…)
Einen traurigen Höhepunkt erreichten die Londoner Homo-Eucharistien im letzten Dezember. Damal bewarb sogar die Kondom-Firma ‘Durex’ auf der Webseite ‘durexhcp.co.uk’ die Homo-Eucharistie am 5. Dezember. Die Veranstaltung kreiste um die Homo-Lustseuche Aids. Die Firma ‘Durex’ vertreibt in über 150 Ländern Gummipackungen für Geschlechtsorgane. Mit 35 Prozent Markanteil ist der Konzern der führende Hersteller dieser Masturbations-Gegenstände.

Nein, das ist keine Satire. Den vollständigen Artikel könnt Ihr hier lesen – Ihr erfahrt alles über das „Londoner Homosexuellen-Ghetto“ Soho, „Gott und die Natur beleidigende Homo-Aufläufe“ in London und andere „Teufeleien“.

Was will der Papst mit den Kondomen?

Nun geistern seit ungefähr einer Woche etliche Meldungen durchs Netz, die sich mit der Freigabe der Kondome durch „unseren“ Benedikt beschäftigen. Zugegeben, die Liste der erlaubten Fälle ist kurz, aber immerhin; schließlich ist das das erste Mal, dass ein katholischer Kirchenfürst – der ausgerechnet noch eigentlich eher als konservativ gilt – die Verdammung der Kondome etwas relativiert, wenn auch nicht gleich aufhebt.
So weit, so gut. Die andere Meldung, die gerüchteweise durch das Internet schwirrt, besagt, dass der Papst darüber nachdenke, noch zu Lebzeiten in den Ruhestand zu treten. Dies hat in der Neuzeit noch kein Papst gewagt, auch wenn es kirchenrechtlich möglich ist. Auch damit habe ich kein Problem, Papst sein ist weiß Gott bestimmt anstrengend.

Wenn aber nun diese beiden Meldungen zusammen gelesen werden (Papst will in den Ruhestand / Papst hält Kondome für hilfreich), drängelt sich mir unwillkürlich ein ganz anderer Gedanke auf. Wer weiß – vielleicht hat Benedikt ja ganz andere Pläne als sich zur Ruhe zu setzen…

Nachdenklich grüßt,

Euer Robert