Kondome werden wieder beliebter

Gut Ding will Weile haben, sagt das Sprichwort, und so ist es. Das gilt zum Beispiel auch für die Auswertung der Ergebnisse einer bereits im Dezember 2018 angefangenen Umfrage zum Sexualverhalten Erwachsener, die durch die BzGA veranlasst wurde.
Das (aus meiner Sicht) wichtigste Ergebnis: die Akzeptanz und Nutzung von Kondomen zur Verhütung hat weiter zugenommen:

Das Kondom gewinnt als Verhütungsmittel an Bedeutung. In den Vorgängerstudien erwies sich die sexuell aktive Bevölkerung in ihrem Verhütungsverhalten seit Jahren als sehr konstant; auf die einzelnen Methoden entfielen immer etwa die gleichen Anteile. In der aktuellen Studie manifestiert sich ein Verhaltenswandel. Die Nutzung des Kondoms ist deutlich angestiegen (plus 9 Prozentpunkte gegenüber 2011).

Weitere interessante Punkte: Gerade viele „Einsteigerinnen“ verzichten auf die chemische Belastung ihres Körpers durch Pille & Co und setzen statt dessen auf Barrieremethoden; die Sicherheit des Verhütungsmittels ist entscheidend bei der Auswahl; viele verhüten noch „doppelt“ (d.h. mit Pille UND Kondom).
Und wer jetzt auch meine übliche Meckerei wartet: Nein, ich habe mal nichts zu meckern*. Statt dessen empfehle ich den gesamten Beitrag zu lesen.

*… abgesehen davon, dass niemand erwähnt hat, dass dieses Blog eine der wesentlichen Triebkräfte für die zunehmende Akzeptanz von Kondomen ist. Hrmpf.

Nicht so hastig, Jungs.

Gaaanz überraschend hat die Wissenschaft (endlich!) herausgefunden, dass es grundsätzlich besser ist, sich gerade bei wichtigen Dingen (wie dem Überziehen eines Kondoms) ausreichend Zeit zu lassen, um Fehler (und daraus resultierende spätere Probleme, Kevins, etc.) zu vermeiden.

This event-level analysis suggests that women and men who perceive that condom application was rushed are more likely to experience errors/problems during the sexual event that substantially compromise the protective value of condoms against disease and pregnancy. Educational efforts emphasising the need to allow ample time for condom application may benefit this population. (Sex Transm Infect. 2015 Jun;91(4):275-7. doi: 10.1136/sextrans-2013-051491. Epub 2014 Nov 12.)

Nun ja.
Wirklich überraschend ist das nun nicht. Und neu eigentlich auch nicht, wenn man sich das Datum der Veröffentlichung anschaut. Aber irgendjemand brauchte wohl einen Lückenfüller, und so wurde es eben eine „aktuelle Studie“ – und wie das so ist, wird diese „aktuelle Studie“ nun überall wiedergekäut, als wenn sie irgend etwas neues bringen würde. Nein – tut sie nicht. Sie untermauert halt nur eine alte Binsenweisheit – die dadurch natürlich aber nicht weniger wichtiger ist. Also: Lasst Euch Zeit. Nicht nur beim Überziehen 🙂

Social Sex

Daumen runterWillkommen in der Welt der Wissenschaft (oder so). „Der Kondom-Hersteller Durex gibt überraschende Studien-Ergebnisse bekannt: Demnach überprüfen gut fünf Prozent der Smartphone-User während des Liebesspiels Facebook, zwölf Prozent telefonieren“, meldete gestern der FOCUS und bot damit wiedermal ein typisches Beispiel für den investigativen Journalismus, den dieses Blättle auszeichnet.
Ungeachtet der Tatsachen, dass Durex kein Kondom-Hersteller ist (Durex ist eine Marke, Hersteller wäre Reckitt-Benckiser als Markeneigentümer) und das Ganze natürlich auch keine Studie (und mal ganz außen vor gelassen, dass der Einzige, der Facebook „überprüfen“ könnte, der Bundesdatenschutzbeauftragte wäre), und wird zumindest mal eine Quelle für diese (schlampig übersetzte) Meldung angegeben – nämlich CNET, wo die Studie schon zu einer Umfrage geschrumpft ist und als Quelle lediglich auf eine Pressemeldung von Durex verwiesen wird, die (wörtlich!) in mehr als 40 „Nachrichten“-Portalen wiedergekäut wird (Stand gestern abend; heute werden es noch mehr sein).
Weder bei Durex selbst noch beim benannten Umfragedurchführer OnePoll finden sich jedoch Hinweise auf diese Umfrage, so dass wir weder wissen, wieviele Leute befragt wurden noch wann das Ganze stattfand. Hmnja. Mehr als

A recent poll for Durex (OnePoll) on the UK’s sex life revealed shocking statistics including 12% of people had answered a phone during sex, one in ten had read a text and over 5% of respondents had even checked Facebook while making love.

ist nirgendwo zu finden.
Was sagt uns das also? Wiedermal eine typische Luftnummer; billige Effekthascherei. Offenbar wird bei Durex das Geld für richtiges Marketing langsam knapp…

Kondome schützen auch gegen HPV

Was viele nicht wissen: Kondome schützen (bei richtiger Anwendung, natürlich) nicht nur vor den „üblichen“ Geschlechtskrankheiten sowie der Ansteckung mit HIV („AIDS“), sondern beispielsweise auch vor der Übertragung humaner Papillomaviren (kurz: HPV), die für bösartige Gewebeveränderungen verantwortlch gemacht werden, die zu Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) sowie Scheiden-, Penis- und Anal-Karzinomen sowie (bei oraler Übertragung) auch zu Mundtumoren führen können.
Eine von Forschern der Texas State University mit 411 Studenten durchgeführte kleine Studie bestätigte nun, dass dieses Wissen noch nicht weit genug verbreitet ist – und daher einerseits Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel der Gebrauch eines Kondoms, vernachlässigt werden; andererseits sind wiederum viele der Meinung, dass der Gebrauch eines Kondoms alleine vollkommen ausreichend sei, um sich vor jedweder Ansteckung zu schützen:

Only 15.5 percent of college students know that condoms don’t fully protect a person from contacting the human papillomavirus, and this lack of knowledge can lead students to a false sense of security in their sexual practices. (…) Study results show that most students know HPV is associated with cervical cancer, but fewer than 50 percent of students know that the virus also is associated with oropharyngeal, anal and penile cancers. According to the authors, „The lack of knowledge about other cancers associated with HPV is important, because those cancers are preventable with education, the use of vaccines and safer sexual practices. Without proper education, students may only be aware of the most commonly discussed correlation – that HPV is associated with cervical cancer – and may be unaware of the other dangers the virus possesses.“

zitiert Marketwatch eine entsprechende Pressemitteilung via PR Newswire. Die Zahlen sehen für Deutschland mit Sicheheit nicht viel besser aus, vermute ich, auch wenn ich momentan keine harten Daten dafür vorliegen habe.