Langlebig und leicht zu reinigen

Johoho, und ’ne Buddel voll Rum – dabei ist doch erst morgen Silvester. Aber bei so was muss ich meine aufkeimende Aggressivität dann doch mit etwas stärkerem bekämpfen:

Die Durex-Love-Collection ist also langlebig und leicht zu reinigen!? Gut, was das langlebig angeht – 31 Kondome können theoretisch schon ein paar Jahre reichen (oder aber auch nur ein paar Tage, hmnja) – mag ich mich ja noch anschließen, aber „leicht zu reinigen“?
Meine erste Reaktion auf diese Meldung in meinem Google Alert war nach einem kurzen Blick auf das Snippet „Ey, Durex, habt Ihr einen unwissenden Praktikanten auf Euren Shop losgelassen!?“, aber dann musste ich feststellen, dass da zwar „Durex-Shop“ steht, der Link aber mitnichten zu Durex geht; die können also nichts dafür. Der Link geht zu einem seltsamen „Shop“ ohne Impressum mit teil französischen Texten (zu AGB, Rückgabe und Datenschutz), die sich auf ganz andere Domains beziehen und in denen nirgends Angaben zum Betreiber zu finden sind. Es gibt auch keine Widerrufsbedingungen nach geltendem Standard, und Zahlungen nur im Voraus. Da sollten alle Alarmglocken klingeln. Die URL ist www.condomsselling.com (und nein, ich verlinke das hier nicht); wer sich das also antun will, ist gewarnt.

Gratis Kondome jetzt auch in der Schweiz?

Na, das wird doch bestimmt wieder genau so ein Riesen-Erfolg wie in Frankreich (wenn es denn dazu kommt). SwissInfo (Archiv) und andere Organe melden jedenfalls: „In Genf sollen Verhütungsmittel für alle Menschen kostenlos werden.“ (na ja, zumindest wird das gefordert. Weiter ist man noch nicht):

Dies fordert eine von der SP lancierte kantonale Gesetzesinitiative. Das Gesetz wäre eine Premiere in der Schweiz. Die SP reichte die Initiative mit 6731 Unterschriften, 1200 mehr als nötig, ein, wie die Partei am Mittwoch mitteilte. Die Initiative solle es jeder Person ermöglichen, ihre Verhütungsmittel ohne wirtschaftlichen Zwang zu wählen. Die Initiative war im Rahmen der Kampagne für die eidgenössischen Wahlen lanciert worden. Sie fordert, dass künftig der Staat alle Kosten für Verhütungsmittel übernimmt.

Nun ja. Fordern kann man viel. Letzlich wird es darauf hinauslaufen, dass es ein, zwei Sorten Kondome für umme geben wird, die aber keiner haben wollen wird (weil: kostet nichts = taugt nichts), and alles geht weiter wie vorher. Und wieder wird Geld ausgegeben, ohne dass es was bringt.

Die Kostenfreiheit werde auch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Gesamtkosten des Gesundheitswesens haben

Ach. Wer hätte das gedacht. Und nochmal: Ich halte es für absolut unrealistisch, dass irgend ein Staat alle Kosten für alle Verhütungsmittel übernehmen wird. Das wäre ein Fass ohne Boden und – zumindest bei uns – ein Fall für ein milliardenschweres „Sondervermögen“. Von den Schwierigkeiten, so etwas so organisieren und abzurechnen, will ich gar nicht erst anfangen.

Zahlreiche Studien belegten, dass die Kostenfreiheit von Verhütungsmitteln das Risiko ungewollter Schwangerschaften und damit auch von Schwangerschaftsabbrüchen verringere.

Diese „zahlreichen Studien“ mal zu verlinken, ist natürlich für ein Onlinemedium eine unlösbare Aufgabe. Tatsache ist, dass die Verwendung von Verhütungsmitteln die entsprechenden Risiken verringert; und zwar unabhängig davon, was sie gekostet haben und wer sie bezahlt hat.

Viele Frauen verzichteten aus Kostengründen auf die wirksamsten Methoden wie die Spirale.

Nun ja. Was die Wirksamkeit angeht, gibt es den Pearl-Index, auf dem steht die Spirale in der Tat besser da als das Kondom (Sterilisation aber auch). Aber ob „Kostengründe“ das entscheidende Kriterium sind, vermag ich nicht zu sagen (Details zu den Kosten und Verfahren bei Pro Familia), halte Frauen aber generell nicht für so einfältig, dass die teurere Methode auch die bessere sein muss. Sehr viele Frauen haben meiner Ansicht nach eher gewisse Vorbehalte gegenüber der Zuführung von Hormonen; dass das für die Körperchemie nicht immer so ideal ist, ist bekannt (Archiv):

Häufige Nebenwirkungen der Hormonspirale sind Störungen der Menstruationsblutung. Und zwar sowohl Zwischenblutungen in den ersten Monaten nach dem Einsetzen als auch das Ausbleiben der Periode, weil das Levonorgestrel den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut unterdrückt. Andere häufige Nebenwirkungen sind zum Beispiel: Abstoßen der Spirale, Schmerzen im Unterleib, depressive Verstimmungen und Eileiter-Zysten. Frauen, die noch keine Kinder bekommen haben, haben öfter Probleme mit der Spirale als Frauen, die bereits Kinder geboren haben.

Kondome sind halt immer noch das einfachste, kostengünstigste und am wenigsten invasive Verfahren zur Empfängnisverhütung (OK, auf Platz 2 nach „gar kein Sex“). Und sie schützen auch gegen sexuell übertragbare Infektionen, das bringen die „besseren“ Verhütungsmittel alle nicht (hatte ich schon erwähnt, dass Kondome eigentlich auch keine Nebenwirkungen haben?). Wer also wirklich auf Nummer sicher gehen will, für den wird – gerade bei wechselnden Partnern – eine Spirale genau so wenig ausreichen wie die Pille.
Eigentlich weiß man das ja in der Schweiz auch schon 🙂

Schon wieder: ein Kleid aus Kondomen (gähn)

Ja, es hat wieder einer getan, und wieder wird die Clickbait-Maschine angeworfen, denn das ist ja so einzigartige, gewagt, experimentell, kurios, erzieherisch, … (hier noch mindestens 10 beliebige Trigger-Adjektive einfügen): DESIGNER STELLT KLEID AUS KONDOMEN HER – DER HINTERGRUND IST ERNST (Archiv):

Ob sich diese Mode durchsetzen wird? Designer und YouTuber Gunnar Deatherage sorgte in den vergangenen Tagen mit einem Kleid der ganz besonderen Art für Aufsehen in den sozialen Medien: Der US-Amerikaner stellte ein Outfit aus Kondomen her! Doch die witzig-anmutende Aktion hatte einen ernsten Hintergrund. […] In einem YouTube-Shorts-Video erklärte er der Welt wie es zu Entstehung des kuriosen Kleides kam: Der Designer tat sich mit dem „Los Angeles County Departement of Public Health“ zusammen, um aus abgelaufenen Kondomen ein „Kunstprojekt mit erzieherischem Wert“ zu kreieren – passend zum „World AIDS Day“ Anfang des Monats.

Jo. Sooo cool.

„Das „Material“ aus dem dieses Kleid hergestellt wurde, lässt Lachtränen fließen“

Is ja ’n Ding. Gabs noch niiieeeee! Oh, warte…

Na ja, nicht jeder googelt gerne. Aber sich als „Designer“ feiern zu lassen, wo man doch bestenfalls nur Kopierer ist, ist schon irgendwie… amerikanisch.

Der Markt für Sprühkondome wird zwischen 2023 und 2030 voraussichtlich stetig wachsen

Johoho, und ne Buddel voll Rum. Ganz bestimmt.
Da hat ein Kollege mal einen Hoax in die Welt gesetzt (ja, das berühmte „Spray Kondom„), und der ist nicht tot zu kriegen. Der Hoax, nicht der Kollege (nicht dass das jemand falsch versteht. Der Kollege ist lieb und nett und lacht sich wahrscheinlich jedes Mal ins Fäustchen. Und es war ja nicht sein einziger Hoax. Aber gut).
Also: Es gibt kein Sprühkondom. Gab es nie. War nur’n Witz.
Was ein paar Geschäftlmacher nicht daran hindert, immer wieder „Berichte“ (Archiv) zu erfinden über den „Markt für Sprühkondome“, die ganz passable Kandidaten für ein Wirtschafts-Bullshit-Bingo darstellen:

Um die gewünschten Daten zu untersuchen, werden primäre und sekundäre explorative Techniken verwendet. Verschiedene Aspekte der Unternehmen werden untersucht, um die genauen Daten des Kondom zum Aufsprühen-Marktes zu liefern. Jüngste Entwicklungen und Trends werden in dem Studienbericht ausgearbeitet und vermitteln eine klare Vorstellung von den laufenden Strategien in Unternehmen. Es konzentriert sich auf die dynamische und statische Sicht auf den Markt, die die Entscheidung über den Arbeitsrahmen der Branchen fördert. Verschiedene führende globale Wettbewerber werden analysiert und geben einen klaren Überblick über den Wettbewerb auf nationaler und globaler Ebene.

Und wer ist da jetzt der „wichtigste Akteur“? GirlPlay (Archiv). Angeblich ein studentisches Projekt zur Entwicklung eines (Trommelwirbel!) Spray-On-Kondoms. Von 2015. Wobei… bei dem desolaten Zustand der Universitäten in den USA kann das durchaus ernst genommen worden sein.

Girlplay is the outcome of creating a brand from mission, vision, branding and packaging. Girlplay is a condom company mainly aimed at bold and daring women, changing the whole experience of love-making. It produces a line of spray-on condoms that uses the latest technology to fit each and every size, for both male and female. These spray-on condoms are made for the perfect fit, and function like spray-on bandages in the marketplace today. […] The idea of the spray on condom extends a conventional condom’s life span, increases convenience, and changes the very action of putting on a condom. Also, it is the first existing condom kit, named the lover’s kit. The lovers’ kit includes various parts to it, a spray on condom for him and her, a drawer of conventional condoms, a smart bra, which are all managed by the remote control. The remote control is able to control the condom’s various effects, modes, and flavors, as well as being able to unhook the smartbra with just a button.

Also, Herr Kollege: Inspiration oder einfach nur Me-Too?
Den erwähnten Bericht kann man tatsächlich kaufen. Ist ja auch wichtig, denn schließlich enthält er „aufschlussreiche Beobachtungen, Informationen, tatsächliche Daten, von der Branche verifizierte Marktdaten“ sowie eine „qualitative und quantitative Analyse des Marktes auf der Grundlage einer Segmentierung, die sowohl wirtschaftliche als auch nicht-wirtschaftliche Faktoren einbezieht“ und natürlich „Marktwertdaten (Mrd. USD) für jedes Segment und Teilsegment“. Dafür gibt man doch gerne 3,500 US-Dollar aus.