Kondome erst ab 18? Aaargh.

Heute habe ich zum …zigtausendsten Mal auf einer der Websites, die als „Ratgeber zum Thema Kondome“ daherkommen (nein, ich verlinke das hier nicht. Geht doch selbst mal googeln), die „Information“ gelesen:

Kondome können über das Internet erst ab einem Alter von 18 Jahren bestellt werden.

Ich weiß nicht, wo diese „Experten“ ihr Wissen immer her haben. Vielleicht war es ja mal in grauer Vorzeit so, dass Kondome nur an Erwachsene verkauft werden durften (da wird es allerdings noch kein Internet gegeben haben), aber heutzutage sind Kondome hierzulande frei verkäuflich.

Es gibt keine Altersbeschränkungen beim Kondomkauf.

Verstanden? KEINE.
Zweifellos gibt es furchteinflößende Kassiererinnen im Supermarkt („Na, mein Kleiner…!??“), und zweifellos gibt es auch, sagen wir mal, spezialisierte Ladengeschäfte, in die man als Jugendlicher nicht reinkommt, auch wenn man, ähem, nur Kondome kaufen möchte – aber all das ändert nichts daran, dass Kondome ohne Alterbeschränkung oder Altersnachweis verkauft werden dürfen.

Die Tatsache, dass man in der Apotheke Bonbons kaufen kann, bedeutet ja auch nicht, dass man dafür ein Rezept braucht.

Liebe Leser: Wenn Ihr also so etwas wie „Kondome gibts erst ab 18“ auf einer „Ratgeberseite“ lest, lasst die Finger davon. Wer schon von den Grundlagen keine Ahnung hat… wird so eine Seite wahrscheinlich nur betreiben, um suchmaschinenoptimierungsirregeführte Nutzer über ein Affiliate-Programm dieser oder jener Art auf Kaufseiten zu locken und daran Provision zu verdienen. Das ist, wohlgemerkt, an sich nichts Schlechtes – wenn denn die „Informationen“ wenigstens den Klick wert sind.
Denn wenn ich dann neben dem P18-Gedöns auch noch Ausdrücke wie „CE-Prüfzeichen“ lese (dazu hatte ich hier ausführlich geschrieben) oder „handelsübliche Kondome sind aus Latex gefertigt“ (ja, nee, latexfreie Kondome sind ja absolut nicht handelsüblich, oder was?), dann ist bei mir Schluss mit lustig. Dass die Quellen für die Infos (egal welcher Art) nicht genannt werden, gehört ja – Urheberrechtsdebatte hin oder her – bei diesen Zubringerseiten schon zum „guten Ton“… schließlich soll es ja als eigene „Ratgeber“-Seite rüberkommen (Kleiner Tipp an die Macher: Es ist sehr auffällig, wenn sich einzelne Absätze stilistisch sehr unterscheiden, und wenn die zum Zusammenpfriemeln selbst geschriebenen Texte dann auch noch jede Menge Schreib- und Tippfehler enthalten, die in den kopierten Abschnitten nicht vorkommen…). So.

CE-Irrtümer

Immer wieder stolpere ich im Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung über Ausdrücke wie „CE – europäisches Gütesiegel“, „CE-geprüfte Kondome“, „CE-zertifizierte Kondome“, „CE-Siegel“, „CE-Gütezeichen“, „CE-Prüfsiegel“ und so weiter, und es ärgert mich – insbesondere, wenn es von Leuten verwendet wird, die es eigentlich besser wissen müssten.

CE bedeutet schlicht und einfach „Conformité Européenne“ – es handelt sich um ein Konformitätszeichen. Es ist kein Gütezeichen oder Prüfsiegel.

Durch die Anbringung des CE-Zeichens erklärt der Hersteller bzw. Importeur, dass sein Produkt den entsprechenden EU-Normen und -Richtlinien entspricht. Bei Medizinprodukten (zu denen das Kondom gehört) ist eine einfache Konformitätserklärung nicht ausreichend; hier wird (in der Regel im Rahmen eines Audits nach ISO 13485:2003) das Unternehmen für die Herstellung dieser Produkte nach der EU-Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG zertifiziert; die Zertifizierung bezieht sich also auf das Unternehmen und den Produktionsprozess der entsprechenden Produkte, nicht auf das einzelne Produkt selbst. Die Nummer der sogenannten „Benannten Stelle“ (also des Unternehmens, das die Zertifizierung vorgenommen hat) ist dann direkt am CE-Zeichen mit anzubringen, so dass der Verbraucher bei Interesse prüfen kann, ob das Zertifikat korrekt und aktuell ist.

Rückseite einer Packung Blausiegel Sensitive (latexfreie Kondome)Beispiel gefällig? Gerne. Nehmen wir mal – weil ich sie gerade hier liegen habe – eine Packung Blausiegel Sensitive (siehe Abbildung). Dort steht rechts „CE 0123“. Wir müssen nun also die Benannte Stelle „0123“ finden – das geht am schnellsten über das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information (kurz: DIMDI), wo wir in der nach Kennnummern sortierten Liste unter der Nummer 0123 die TÜV SÜD Product Service GmbH finden. Adresse und Telefonnummer sind auch leicht zu finden. Auf der Website des TÜV Süd kann man die Zertifikats-Datenbank aufrufen und dort nach dem Hersteller „Sagami“ suchen (im rechten Dropdownfeld bitte „Datenbank (alle Felder)“ wählen) – in der Liste dann anklicken, und voilà – schon hat mal alle Details. Und richtig, Sagami (die für die Mapa GmbH die „Blausiegel Sensitive“ in Malaysia herstellt) hat ein gültiges Zertifikat (Nummer G1 10 07 40297 011) für die Herstellung von Kondomen aus Polyurethan.

Alles klar? Die einzigen Kondome, die (hier in der EU) kein CE-Zeichen brauchen, sind Scherzkondome (logisch, denn das sind ja keine Medizinprodukte, sondern Scherzartikel). Woanders sieht das natürlich anders aus – aber dazu ein andermal.